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Kommunisten in den portugiesischen Parlamentswahlen gestärkt


Die von der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) angeführte Coligação Democrática Unitária (CDU) stärkt sich von Wahl zu Wahl und hat diesen Trend auch an den Parlamentswahlen vom 5. Juni fortgesetzt. Mit einem Wähleranteil von rund 8 Prozent ist die PCP zur viertstärksten Partei im Parlament aufgerückt. [ siehe Resultate ] Diese Konsolidierung der Kommunisten und ihrer Verbündeten ist unter verschiedenen Gesichtspunkten bemerkenswert. (07.06.2011/mh)


Konsolidierung der CDU

Das von der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) angeführte Wahlbündnis der Demokratischen Einheits-Koalition (Coligação Democrática Unitária, CDU) stärkt sich in den letzten Jahren von Wahl zu Wahl und hat diesen Trend auch an den Parlamentswahlen vom 5. Juni fortgesetzt, indem sie den Stimmenanteil leicht steigerte und einen Sitz hinzu gewann, nämlich in Faro (Algarve), wo sie sei 20 Jahren nicht mehr vertreten war. Mit einem Wähleranteil von rund 8 Prozent ist die PCP zur viertstärksten Partei im Parlament aufgerückt. Diese Konsolidierung der Kommunisten und ihrer Verbündeten (Grüne Partei, Demokratische Intervention) ist unter verschiedenen Gesichtspunkten bemerkenswert. Die Sozialisten (Partido Socialista, PS) unter Premier José Sócrates, die bereits bei den Parlamentswahlen 2009 eine halbe Million Stimmen und damit ihre absolute Mehrheit im Parlament verloren hatten, haben nochmal eine halbe Million Wähler abgestossen. Sócrates hat den Parteivorsitz niedergelegt. Die bisherige Rechtsopposition, bestehend aus Partido Social Democrata (PDS) und der kleineren Centro Democrático Social (CDS) wird voraussichtlich die neue Regierung bilden. In einer ersten Analyse bezeichnet die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) das Resultat der PSD, das übrigens weit hinter früheren Wahlresultaten dieser Partei (und unterhalb der anvisierten absoluten Mehrheit) zurückblieb, als «direkten Ausdruck des Misskredits, den die PS akkumuliert hat.»

Wahlkampf ohne Wahlprogramme

Die Stimmbeteiligung war mit 58,91 Prozent die niedrigste seit 1975. Viele Wähler sind zu Hause geblieben, weil sie sich sagten, dass das Land sowieso nicht mehr von Lissabon aus regiert wird, seit es unter den EU-“Rettungsschirm” gekrochen ist. Die “interne Troika”, bestehend aus den bisher regierenden Sozialisten und den bisher “oppositionellen” und nun zur Regierungsmehrheit gelangten Rechtsparteien, hatten nämlich geheime Verabredungen mit der externen Troika (Unterhändler des IWF, der EZB und der EU) getroffen, deren Inhalt während des Wahlkampfs nicht offengelegt wurde. Partido Socialista (PS), Partido Social Democrata (PDS) und Centro Democrático Social (CDS) verpflichteten sich gleichermassen, die Diktate der internationalen Kreditgeber umzusetzen. (Die PS hat nach der Wahlniederlage bereits versichert, dass sie sich auch in der Oppositionsrolle daran halten wird.) In der Frage des “Rettungsschirms” wie in allen Hauptfragen vertreten die vertreten die Troika-Parteien dieselbe rechtsgerichtete und arbeiterfeindliche Politik, und sie arbeiten im Parlament Hand in Hand, um dieser Politik die nötigen Mehrheiten zu beschaffen. Die Erfahrungen der letzten drei Jahrzehnte haben gezeigt, dass es sich – mit einem Wort von PCP-Generalsekretär Jerónimo de Sousa – um «Mehl vom gleichen Sack» handelt.

Die Troika-Parteien verheimlichten der Wählerschaft ihre Absichten und damit auch ihre Übereinstimmung in diesen Absichten. Stattdessen lieferten sie sich Scheingefechte, distanzierten sich von ungerechten Sparmassnahmen usw. Viele der Wähler, die ihre Stimme nun der PSD oder der CDS gegeben haben (gewiss auch PS-Wähler), taten dies im Glauben an die falschen Versicherungen der Politiker. Diese Wähler werden schon sehr bald enttäuscht und ernüchtert sein und für ihre Rechte kämpfen; sie werden mit der PCP und auch gegen jene kämpfen, denen sie jetzt die Stimme gegeben haben.

Verhinz- und Kunzung der Parlamentswahl

Der Wahlkampf wurde in den grossen Medien so dargestellt, als ginge es nicht um die Wahl des Parlaments, sondern des Premierministers, um ein Duell zwischen Titelverteidiger Hinz und Herausforderer Kunz. Solche Fulanisierung kam in erster Linie den Sozialisten unter dem zurückgetretenen Premier José Sócrates und der PPD/PSD unter Pedro Passos Coelho zugute.

In der gleichen Weise mischte sich Staatspräsident Cavaco Silva in den Wahlkampf ein und rief die Portugiesen auf, «zu wählen, wer regieren wird». In seiner Ansprache am Vorabend des Wahltags verurteilte er die Wähler, die sich nicht an den Wahlen beteiligen würden und sprach ihnen für die Zunkunft jede Legitimität ab, gegen die Politik der neuen Regierung zu protestieren. Die PCP hat diese verfassungswidrige Einmischung scharf verurteilt.

Die von den Sozialisten betriebene Propaganda des “voto útil” (“nützliche Stimme”, will sagen: Stimme an eine der wählerstärksten Parteien) vermochte das feste Lager der CDU-Wähler nicht zu beirren. Sie hielten es für nützlich, ihre Stimmen zu Hunderttausenden den Kommunisten und ihren Verbündeten zu geben, die den Pakt zur Unterwerfung Portugals bekämpfen und dem gesamten politischen Programm der Troika-Parteien eine linke und patriotische Alternative entgegensetzen.

Es braucht eine starke Kommunistische Partei für kommende Kämpfe

Die Konsolidierung der Kommunistischen Partei widerlegt alte Behauptungen, laut denen die PCP überaltert sei und infolge einer demographischen Gesetzmässigkeit das Aussterben der Kommunisten nahe. Die Juventude Comunista (JCP) spielte eine wichtige Rolle bei der Organisation der grossen Massenproteste der letzten Monate und trat auch im Wahlkampf aktiv hervor. Die PCP zählt allein in den Jahrgängen unter 35 mehr Aktivisten als etwa die Gesamtzahl der Aktivisten aller Altersklassen der PS. Der Unterschied wird auch bei Massenmobilisierungen sichtbar. Alle Wahlveranstaltungen der CDU waren stark besucht, und in Braga musste Jerónimo seine Rede unter freiem Himmel musste, weil der Saal im Teatro Circo überfüllt war. Demgegenüber scheuen die Sozialistenführer die Masse, weil sie bei jedem grösseren Auftritt in Stadt und Land mit Protesten begrüsst werden.

Die Ergebnisse des Wahlkampfs erschöpfen sich nicht im Wahlresultat. An zahlreichen Aktionen wurde die Bevölkerung darüber aufgeklärt, dass es sich bei der EU-“Hilfe” entgegen der Etikette um eine Erpressung und einen Unterwerfungspakt handelt. Der Wahlkampf hat vielen Werktätigen dazu verholfen, sich ihrer Klassenlage bewusster zu werden und ihre Entschlossenheit zur Verteidigung der Klasseninteressen zu stärken.

Die Euro-Linkspartei «Bloco de Esquerda» wird halbiert

Kurz vor den Wahlen hatte Block-Chef Francisco Louçã seinen Linksblock als “die Hauptalternative links von der PS” angepriesen, was von PCP-Generasekretär Jerónimo de Sousa mit den Worten kommentiert wurde, dass es dem Linksblock nicht gelingt, sich vom Grössenwahn zu befreien. Der Linksblock verlor fast die Hälfte seiner Wähler und sieht seine Parlamentsfraktion halbiert.

Viele Beobachter sehen in der Niederlage eine direkte Quittung für die Haltung des Blocks zu den Präsidentschaftswahlen im Januar. Der Linksblock hatte damals den Sozialisten Manuel Alegre unterstützt, der sich auf jede erdenkliche Weise mit der rechtsgerichteten Politik der sozialistischen Regierungen und mit ihren Verantwortlichen kompromittiert hatte. (Trotz Unterstützung durch PS und Linksblock erreichte dieser Kandidat keine 20 Prozent der Stimmen.) Nach der schweren Wahlniederlage dürften innere Widersprüche und interne Rivalitäten hervorbrechen, so dass das weitere Schicksal des Linksblocks und seines Vorsitzenden Louçã ungewiss ist.

Die letzten Jahre haben (nicht nur in Portugal) deutlich gezeigt, dass die Arbeiterklasse eine marxistisch-leninistische Partei braucht, die ihre Interessen und die Interessen der breitesten Volksschichten und des Landes konsequent vertritt. In Portugal existiert eine solche Partei: die erfahrene, ideologisch und organisatorisch gefestigte PCP. Der Bloco de Esquerda (Linksblock), Mitglied der Euro-Linkspartei, konnte keine solche Partei werden. Der Linksblock hatte sich Ende 90er Jahre als Sammelbecken linker Individuen und Splittergruppen formiert, darunter ein maoistisches und zwei trotzkistische Grüppchen, ferner Ex-Kommunisten, die aus der Partei ausgeschlossen worden oder ausgetreten waren. Der gemeinsame Nenner der Gründer bestand in ihrem Hass gegen die Kommunisten. Die ökonomischen Kämpfe der Arbeiter haben sich (unter massgeblicher Mitwirkung der Kommunisten) in den letzten Jahren und Monaten so stark entwickelt, dass auch der Linksblock auf den fahrenden Zug aufgesprungen ist, der bis anhin die Arbeiterbelange eher nachlässig behandelt und sich stärker auf solche Fragen wie das Scheidungsrecht oder die Gleichstellung von Homosexuellen konzentriert hatte. Der Linksblock näherte sich den Kommunisten und stimmte im Parlament fast immer mit ihnen. Ausnahmen zeigten sich besonders auf dem Gebiet der Aussen- und Europapolitik: Zum Unterschied von den Kommunisten haben die Blockisten der Resolution zugestimmt, mit welcher sich das EU-Parlament für den Libyenkrieg aussprach. Anders als die PCP stimmte der Linksblock seinerzeit im nationalen Parlament auch der “EU-Hilfe” für Griechenland zu, während er sich nun, wo Portugal selbst als Opferlamm an der Reihe ist, gegen diese Art der “Hilfe” verwahrt. Die charakteristisch kleinbürgerliche Tendenz zu Inkonsequenzen, Schwankungen und billigstem Opportunismus verbindet sich mit einer organisatorischen Schwäche des Blocks. Seine Wählerhochburgen erwiesen sich – verglichen mit denen der PCP – von schwachem sozialem Fundament, und damit als Kartenhäuser, zu unsolide, um dem Trommelfeuer der vereinten Propaganda von rechts standzuhalten.

Hauptquellen: Sobre os resultados eleitorais | Partido Comunista Português (Declaração de Jerónimo de Sousa, Secretário-Geral do PCP, Lisboa, 6.6.2011) – Reunião do Comité Central do PCP (7.6.2011)


Provisorische Ergebnisse der portugiesischen Parlamentswahlen vom 5. Juni 2011

Partei Stimmenzahl Anteil (Veränderung) Sitze (Sitzverschiebung)
PPD/PSD 2.145.588 38,63% (+9.54%) 78 (+27)
PS 1.557.739 28,05% (-8.51%) 96 (-23)
CDS-PP 652.156 11,74% (+1.28%) 24 (+3)
CDU (PCP-PEV) 440.835 7,94% (+0.05%) 16 (+1)
B. E. 288.054 5,19% (-4.66%) 8 (-8)

Quelle: Legislativas 2011 (Stand 5.6.11, ohne Wahlkreise Europa und Aussereuropa, die bis zum 15. Juni ausgezählt werden)


Siehe auch:

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