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Kommunistische Partei der Italienischen Schweiz zu aktuellen Aspekten der internationalen und nationalen Lage


In ihrer Doppelsitzung vom 8. und 13. Juli 2014 hat sich die Parteileitung der Kommunistischen Partei der Italienischen Schweiz mit verschiedenen Aspekten der internationalen und nationalen Lage befasst und definierte aufgrund ihrer Analyse die daherigen Aufgaben, welche sich für die Kommunisten und andere fortschrittlich-demokratische Kräfte und Freunde des Friedens unmittelbar stellen. Wir dokumentieren die Erklärung der Parteileitung der Südschweizer Kommunisten im vollen Wortlaut in deutscher Übersetzung aus dem italienischen Original. (mh/15.07.2014)


Erklärung der Leitung der Kommunistischen Partei der Italienischen Schweiz im Anschluss an die Doppelsitzung vom 8. und 13. Juli 2014:

1 – Auf internationaler Ebene hat sich die Parteileitung erneut mit dem Konflikt in der Ukraine befasst und bekräftigt ihre Besorgnis über die Entwicklung. Nach dem faschistischen Staatsstreich im Februar, der Unterdrückung der demokratischen Kräfte vor und nach der Wahlfarce, den blutigen Attentaten gegen Gewerkschaften und gegen die russische Minderheit im Land, eröffnet die Junta in Kiew nun sogar Konzentrationslager in vollem Nazistil. Unsere Solidarität gilt der Kommunistischen Partei der Ukraine und ihrem Generalsekretär Petro Simonenko : die Putschistenjunta hat tatsächlich ein Verbotsverfahren gegen die KPU eingeleitet. Die anhaltenden Provokationen an den Grenzen der Russischen Föderation dienen den imperialistischen Plänen der USA, welche darauf aus sind, einen Krieg in Europa zu provozieren. Wir heben hervor, dass die Krise in der Ukraine von Washington gewollt ist, um die russische Energieversorgung Europas zu blockieren, und um damit den alten Kontinent mithilfe von nordamerikanischem Erdöl und Erdgas in noch verbindlichere Abhängigkeit zu bringen. Auf diese Weise wird versucht, die Herausbildung einer Achse Berlin-Moskau-Peking, die Washington einkreisen könnte, zu hintertreiben. Der inter-imperialistische Konfrontation hat nicht Russland zur Partei, sondern den amerikanischen Imperialismus einerseits, und anderseits den europäischen. Ein Widerspruch, den Russland und China gekonnt zu fördern versuchen, um die kriegerische und neo-kolonialistische Praxis der westlichen Länder gegen die Schwellenländer und Blockfreien zu schwächen. In diesem Sinne ist festzustellen, dass die zurückliegenden Fakten die Gültigkeit der Überlegungen zur Entwicklung des gegenwärtigen Imperialismus vollauf bestätigen, welche den 22. Parteitag (November 2013) prägten, und worin die Notwendigkeit betont wird,

“wieder dazu zurückzukehren, den Marxismus-Leninismus mit dem Alltagsleben der Mehrheit der Personen zu verknüpfen. Eine schwierige Aufgabe, die aber zugleich erleichtert wird durch die Verschärfung des Klassenkampfes und der Teilung der Welt in einander entgegengesetzte geopolitische Gruppen. Die fortgeschrittene Rolle des sozialistischen China und der BRICS macht diese zu Hoffnungsträgern für den Frieden!”

Angesichts des immer kriegerischer auftretenden Imperialismus ist es notwendig, die Aktivität der Freunde des Friedens zu verdoppeln. In diesem Sinne muss die Schweizerische Friedensbewegung in diesem 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs wieder auf die Beine gestellt werden; und wir müssen an die Jugend appellieren, sich nicht zu Komplizen der schweizerischen Armee zu machen (die mit der NATO und dem zionistischen Regime von Israel verbündet ist) und die Aushebung zu verweigern und den Einsatz im Zivildienst an der Seite der schwächsten sozialen Schichten unseres Landes zu verlangen. Die Parteileitung bemerkt schliesslich, dass die gross angelegte Medienkampagne, die seit längerem gegen Russland, China und andere BRICS-Länder (neuerdings unter dem Vorwand der Fussball-WM auch gegen Brasilien) betrieben wird, sich nochmals deutlich gesteigert hat: dies macht Anstrengungen der Partei in neuen Formen der internationalen Zusammenarbeit mit den anti-imperialistischen Ländern erforderlich. In diesem Sinne werden wir sofort im Monat August damit beginnen, der Russophobie eine Antwort zu erteilen, welche kürzlich am Festival von Locarno ihr Haupt erhoben hat: die Partei wird daher den Filmzyklus von Sowjetfilmen in Ascona unterstützen, der unter den Patronage des Moskauer staatlichen Filmarchivs “Gosfilmofond” und des Kulturzentrums “il Rivellino” von Locarno veranstaltet wird. Angesichts der tragischen Aktualität wurde ferner die Unterstützung der Kommunisten für die gerechte Sache des palästinensischen Volkes gegen die Grausamkeit der israelischen Invasoren und die barbarischen Methoden der zionistischen Apartheid hevorgehoben: bei der Solidarität mit Palästina geht es allerdings nicht um barmherzige “humanitäre Hilfe”, wie leider ein Teil der Linken meint, sondern im Gegenteil um die volle internationalistische Unterstützung eines Partisanenkampfs zur nationalen Befreiung vom Kolonialjoch. Wir verurteilen entschieden die Haltung der Aequidistanz angesichts des Völkermordes: die Theorie des “weder mit der israelischen Armee, noch mit dem palästinensischen Widerstand” ist ein Zeugnis von Opportunismus, das heisst gleichviel wie Abdankung vor dem Regime von Tel Aviv. In diesem Sinne hat die Kommunistische Partei der Italienischen Schweiz, zusammen mit anderen Organisationen aus allen Landesteilen, einen offenen Brief an den Bundesrat unterzeichnet, um die Beendigung der Zusammenarbeit (namentlich der militärischen) mit Israel zu fordern.

2 – Auf nationaler Ebene ist die Situation nach wie vor von den Versuchen geprägt, einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden, die sich nach der Abstimmung vom vergangenen 9. Februar durch einen Anti-Europäismus mit reaktionären und ultranationalistischen Zügen zeigt. Der Genosse Aris Della Fontana , Mitglied des Zentralkomitees der Partei, wird uns in Rom im Rahmen des vom vom Centro Gramsci di Educazione organisierten Symposiums zum “Kontinentalen Staat” vertreten und unsere Überlegungen von Kommunisten eines nicht der EU zugehörigen Landes einbringen. Die Parteileitung erteilte ferner dem Sekretär Massimiliano Ay den Auftrag zur Ausarbeitung eines programmatischen Dokuments für eine realistische wirtschaftliche Umkehr unseres Landes, sei es mit Blick auf die Entwicklung einer Wirtschaft mit hoher Wertschöpfung, sei es zur Lösung der Bande der Abhängigkeit gegenüber Brüssel, um stattdessen die wirtschaftlichen Beziehungen mit den Schwellenländern der BRICS zu intensivieren. Zugleich hat die Direktion das nationale Volksbegehren der sogenannten “ECOPOP”-Initiative analysiert und wird dem Zentralkomitee der Partei deren Ablehnung vorschlagen, da die rassistische und fingiert ökologische Grundlinie, auf welcher dieselbe beruht, unmöglich geteilt werden kann. Die Gegnerschaft zu dieser Initiative ist somit für alle Aktivisten und alle, die sich noch als Linke verstehen, als eine wesentliche Aufgabe im Rahmen des antifaschistischen Präventivkampfes zu betrachten. Das schlimme Beispiel der Tessiner Grünen, welche die von Christoph Blochers SVP gewollte fremdenfeindliche Initiative “gegen die Masseneinwanderung” im vergangenen Februar unterstützt hatten, muss vor Augen gehalten werden, damit niemand im fortschrittlichen Lager ähnlich schwere Fehler begeht. Im übrigen entspricht die Rechtswende der Tessiner Ökologen auch der gängigen Praxis in Deutschland, was aufzeigt, dass wer keine politische Bildung betreibt und keine ideologischen Antikörper aufbaut, in Krisenzeiten leicht in den Faschismus degeneriert.Â

3 – Auf der Ebene der Bürgerrechte wird zur Kenntnis genommen, dass die Tessiner Regierung sich weigert, den Cannabis Social Club zu tolerieren und einen schrittweisen Prozess zur Entkriminalisierung von Hanf einzuleiten. Die Kommunistische Partei hält den Prohibitionismus für kontraproduktiv und ungeeignet für einen ernsthaften Kampf gegen den internationalen Drogenhandel. In diesem Sinne wird sie eine öffentliche Stellungnahme erarbeiten, um die vernünftigen und ausgeglichenen Begehren des Cannabis-Freizeit-Vereins (Associazione Cannabis Ricreativa) zu unterstützen, mit dem die Partei in den letzten Monaten zusammengetroffen ist. Zudem erteilt die Parteileitung der Kommunistischen Jugend den Auftrag, in den kommenden Monaten eine an den jungen Generationen orientierte Kampagne zu diesem Thema in Gang zu bringen. Unser Grossrats-Stellvertreter in Chur, Genosse Mattia Antognini wurde eingeladen, dieses Thema auch gegenüber der Regierung des Kantons Graubünden zur Sprache zu bringen.

4 – Auf der Ebene der Arbeiterkämpfe in der Italienischen Schweiz analysierte die Direktion den jüngsten Streik der Arbeiter der Granitwerke, denen nun seit zwei Jahren ein Kollektivvertrag vorenthalten wird. Die Kommunistische Partei hatte schon Ende 2011 die schwierige Lage denunziert, die sich durch die Nichterneuerung des Gesamtarbeitsvertrags durch die Unternehmerseite ergab, und solidarisierte sich aktiv mit den Lohnabhängigen, wobei sie den Staat und die Gewerkschaften zum Einschreiten mahnte. Aber während zwei Jahren hat es die Gewerkschaft versäumt, mit der gebotenen Entschiedenheit einzugreifen und von Anfang an für eine Mobilisierung am Arbeitsplatz zu sorgen. Die Situation degenerierte, und die Kräfteverhältnisse verschoben sich zu Ungunsten der Arbeiter. Derweil zauderte die Offensive der Patrons nicht: gegen die Streikenden wurden Privatpolizisten eingesetzt, die Einschüchterungen waren stark, einige Patrons schlossen die Tore und erklärten die Aussperrung, drei streikende Arbeiter wurden von der Firma Maurino SA entlassen. Das Patronat der Steinbrüche hat begriffen, in was für einer schweren Krise sich die Gewerkschaft UNIA befindet (die im Jahre 2009 zahlreiche Arbeiterführer und klassenorientierte Gewerkschafter entfernt hat), und hat mit einem Angriff ohnegleichen zugeschlagen. Die Kommunisten solidarisieren sich mit den Arbeitern und betonen die Notwendigkeit eines kritischen Nachdenkens über die Strategie zur Entwicklung der Gewerkschaftsbewegung. Die Partei nimmt Kenntnis von der Wahl des sozialistischen Genossen Graziano Pestoni , während Jahren Sekretär der VPOD-Tessin, als Regionalpräsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und wird versuchen, mit ihm einen Dialog aufzubauen. Desgleichen beglückwünscht die Leitung der Kommunistischen Partei ihr Parteimitglied, den Genossen Esteban Munoz zu seiner Nominierung als Vertreter des Weltgewerkschaftsbundes (WGB) bei der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf. Die Parteileitung hat eine Delegation von jungen Aktivisten gebildet, die sich im Rahmen eines gewerkschaftlichen Bildungskurses am Samstag, 12. Juli 2014 mit dem Generalsekretär des WGB, George Mavrikos getroffen hat, um ein Büro des WGB in Genf einzurichten.

Originaldokument (italienisch): Dichiarazione della Direzione del Partito Comunista della Svizzera Italiana dopo la doppia seduta dell–8 e del 13 luglio 2014.


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