Politische Krise in Portugal: Kommunistische Partei mischt die Karten auf und versetzt den Staatspräsidenten in Panik!
Unmittelbar nach Bekanntgabe der Ergebnisse der portugiesischen Parlamentswahlen hatte der Vorsitzende der Sozialistischen Partei (PS) seine Wahlniederlage mit 32% (+4%) der Stimmen eingeräumt und schob die Obliegenheit zur Regierungsbildung ausdrücklich der Koalition der Mitterechts-Parteien (PSD und CDS) zu, obwohl diese Koalition nur 38% (ein Verlust von 13 Punkten verglichen mit der letzten Legislatur) erreicht und damit die absolute Mehrheit im Parlament verloren hatte. Das Wahlresultat bedeutet nicht nur eine Niederlage für diese Parteien, sondern auch für die seit langem von PS, PSD und CDS im Rotationsverfahren oder in verschiedenen Regierungskombinationen geführte rechtsgerichtete Politik, die mit dem Pakt, den diese drei Parteien (die “interne Troika”) mit den ausländischen Gläubigern unterzeichneten, weiter brutalisiert wurde. Die wahren Wahlsieger sind die Parteien der linken Opposition die gegen diese von den “Märkten” aufgezwungene Politik: sie vereinen eine Million Stimmen, das ist rund die Hälfte der Stimmen, die an die regierende Koalition gegangen sind: das Wahlbündnis CDU (8,25%), zusammengesetzt aus der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP), der PEV (Ökologische Partei – Die Grünen) und der Demokratischen Intervention; und der “Linksblock” (10%). Das Parlament setzt sich zusammen aus 107 Abgeordneten der Koalition PSD/CDS, 86 Sozialisten, 19 vom Linksblock, 17 CDU und einem Unabhängigen. Dies bedeutet, dass PS, PCP und Block zusammen 122 der insgesamt 230 Sitze innehalten. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die PS sich in der Wahlkampagne von der Austeritätspolitik distanziert hat, ergibt sich der Schluss, dass 63 Prozent der Portugiesen die bisherige Regierung und ihre Politik verwerfen, ein Verdikt, das in seiner Dimension dem Anteil des “Nein” im griechischen Referendum über die desaströse Politik der Unterwerfung unter die Interessen der mächtigen Wirtschafts- und Finanzgruppen entspricht. Es ist ein Fakt, der nach Auffassung der PCP beim institutionellen Prozess zur Bildung einer neuen Regierung nicht unterschlagen werden darf: “Wenn die PS keine Regierung bildet, dann nur, weil sie nicht will”, erklärte der kommunistische Generalsekretär Jerónimo de Sousa am Rande einer Konferenz mit dem Sozialistenführer António Costa .
Die Initiative von Jerónimo de Sousa
Obschon die Kommunisten immer ihre Bereitschaft betont hatten, jede Verantwortung zu übernehmen, die ihnen das Volk überbinden möge, um eine linke und patriotische Alternative zur herrschenden Politik aufzubauen, ist die portugiesische Presse einhellig in der Feststellung, dass dieser unerwartete Zug der PCP das Land in Verblüffung versetzt hat. Eine weitere Überraschung liegt in der Taktik der PCP, die (expressis verbis et coram publico) darauf verzichtet, Forderungen auf den Tisch zu legen, welche den prioritären Zweck behindern könnten, der darin liegt, jeden Versuch von Seiten des Präsidenten der Republik, Aníbal Cavaco Silva zur Etablierung einer Rechtsregierung zu verhindern. Die PCP hat in der Tat ihre Vorschläge in einem Regierungsprogramm von 9 Punkten formuliert, und Teile des eigenen Programms zurückgestellt; beiseite gelassen wurden konkret der Austritt aus der NATO und aus der Einheitswährung, sowie die Neuverhandlung der externen Schulden. Die PCP hat eigentlich “nur” die folgenden Fixpunkte zur Unterstützung einer künftigen sozialdemokratisch geführten Regierung gewählt:- Aufwertung der Löhne, namentlich Erhöhung des Mindestlohns (auf 600 Euro ab Anfang 2016) sowie des Realwerts der Renten;
- Bekämpfung der Prekarität, namentlich mit Änderungen der Arbeitsgesetzgebung und Annahme eines nationalen Plans zur Bekämpfung der Prekarität;
- Wiederherstellung der Arbeiterrechte, namentlich Aufwertung des kollektiven Rechts auf Aushandlung von Tarifverträgen;
- Wiederherstellung der Löhne, Renten, Feiertage und anderer gekürzter Rechte, namentlich der Ergänzungsleistungen für Pensionierte;
- Steuergerechtigkeit mit starker Besteuerung der Wirtschafts- und Finanzgruppen und Steuererleichterungen für die Werktätigen, Rentner und Pensionierten, Mikro-, Klein- und Mittelbetriebe und für das Volk;
- Stärkung und Diversifizierung der Finanzierung der sozialen Sicherheit und Garantie der sozialen Unterstützung, namentlich Familienzulagen, Arbeitslosengeld und Sozialleistungen an Langzeitarbeitslose;
- Anstellung von Ärzten, Familienpflegekräften und weiterer Berufsleute für den Nationalen Gesundheitsdienst SNS, Wiedereinführung des Krankentransports für Kranke auch ausserhalb von Notfällen und Beseitigung der Praxisgebühren;
- Umkehr des Prozesses der Konzessionierung, Subkonzessionierung und Privatisierung namentlich der Transportunternehmen;
- Aufhebung der jüngsten Änderung des Gesetzes über die freiwillige Unterbrechung der Schwangerschaft.
Aber der Kommunistenführer ging noch weiter, indem er sogar für den Fall, dass sich – angesichts der verschiedenen und stark voneinander abweichenden Programme der Linksparteien – kein gemeinsames Programm realisieren lasse, ankündigte, dass die Kommunisten, in Anbetracht der parlamentarischen Kräfteverhältnisse, bereit sind, eine SP-Regierung auf den Weg zu bringen, die nur ihr eigenes Parteiprogramm umsetzen will, und eine solche Regierung gegen Misstrauensanträge von Seiten der rechten Opposition zu beschützen.
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