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Entwicklungszusammenarbeit? Lasst uns Zivildiener ran!

von Zeno Casella, Nationalratskandidat 2015 der Kommunistischen Partei

16. Oktober 2015

In den letzten Wochen stand die Frage der Migration im Mittelpunkt der Debatten, infolge der Ausnahmesituation, mit welcher die Balkanländer konfrontiert sind und wegen der möglichen Auswirkungen, dass dies in der Schweiz verursachen kann. Jenseits der unverhältnismässigen Reaktionen aus nationalistischen Kreisen (die es fertig bringen, über eine “unmittelbar bevorstehende Invasion” zu sprechen und “Migranten gnadenlos abzulehnen”), ist jedoch zu beachten, dass auch die anderen bürgerlichen Formationen zu keinen konstruktive Vorschlägen gelangen, die imstande wären, den aktuellen Stand der Dinge im Wesentlichen zu ändern (man versteckt sich hinter einem politisch höchst korrekten Begriff der Migrationspolitik – “streng, aber fair” -, der tatsächlich jedes konkreten Werkzeuges entbehrt, um wirkungsvoll mit der Situation umzugehen).

Dennoch hat immer noch der Bund viele Pfeile in seinem Köcher: Einerseits ist darauf hinzuweisen werden, dass das Boot noch nicht voll ist, und dass unser Land nach wie vor in der Lage ist, eine grosse Anzahl von Flüchtlingen aufnehmen, wenn die gegenwärtige Notlage auf dem Balkan beginnen sollte, an unseren Grenzen aufzutreten. Die öffentlichen Einrichtungen verfügen in der Tat noch über freie Kapazitäten (wie von Bundesrat Ueli Maurer persönlich bezeugt, der darauf hinweist, dass so etwa 50’000 Plätze in den Zentren des Katastrophenschutzes gebrauchsbereit stehen), und verschiedene Private (Familien, Vereine usw.) – deren Grosszügigkeit allerdings dazu missbraucht werden sollte, um die von der Politik und der Öffentlichen Hand hinterlassenen Lücken zu büssen – erweisen sich in der Lage (und willens), einen Beitrag zu leisten. Auf der anderen Seite, so weit Hilfe in der Schweiz erhalten und ausgebaut werden soll, kann es sich dabei nicht um den zentralen Punkt unserer Antwort auf die Migrationsfrage handeln: diese muss sich grundsätzlich auf eine Politik der Zusammenarbeit vor Ort und humanitärer und Nahrungsmittelhilfe in den Herkunftsländern (und angrenzenden L.) der Migranten (das einzige wirklich abschreckende Instrument, um die Entwicklung von unkontrollierbaren Wanderungsströmen zu vermeiden.

In diesem Sinne sind die finanziellen Anstrengungen des Bundes für humanitäre Projekte zu unterstützen und sollten gestärkt werden, allerdings sollten diese in struktureller Hinsicht neu ausgerichtet werden, mit Augenmerk auf die Arbeit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA). Diese hat sich in der Tat in den letzten Jahren zur Protagonistin von verschiedenen Praktiken gemacht, die wir als Kommunisten nicht tolerieren können: durch die Unterstützung von humanitären” Initiativen in verschiedenen Ländern der ehemaligen Sowjetunion (darunter auch in der Ukraine), Afrikas und Südamerikas, hat die DEZA effektiv die Einrichtung und/oder Konsolidierung eines neokolonialen System erleichtert, das jede Anstrengung zur politischen und wirtschaftlichen Emanzipation der betroffenen Gebiete beeinträchtigt.
Hinzu kommt die Notwendigkeit, alternative Formen der Unterstützung für die notleidende Bevölkerung begreifen, und eine davon könnte in den (bereits bestehenden) Programmen des Zivildienstes im Ausland gegeben sein. Für Personen, die diese Alternative zum Militärdienst wählen, besteht immer die Möglichkeit für eine Tätigkeit im Rahmen der Durchführung eines Auftrags im Bereich der humanitären Hilfsprojekte, aber vor allem in der Entwicklungszusammenarbeit, die in verschiedenen Regionen der Welt, zusammen mit den an dieser Front aktiven Verbänden. Einsätze anbietet. Leider ist der Zugang zu dieser interessanten Möglichkeit ziemlich schwierig, vor allem wegen der von der WTO für den Zivildienst aufgestellten strengen Kriterien: in erster Linie sollte die Vorschrift abgeschafft werden, die den Einsatz von Zivilidienern in Initiativen verbieten, welche “politische Ideen formieren”, denn dies ist eine Bremse für interkulturelle Vermittlung und verbietet das Engagement in internationalen Gewerkschaftsorganisationen. Überdies muss der Zivildienstleistende, um seine Tätigkeit im Ausland durchzuführen, eine öffentlich anerkannte berufliche Qualifikation besitzen oder mindestens zwei Jahre Universitätsstudium oder jahrelange mehrjährige Berufserfahrung zurückgelegt haben (dieser Grad der spezifischen Erfahrungen ist darauf ausgerichtet, nur junge Leute in Betracht zu ziehen, die sich der Altersgrenze von 30 Jahren annähern, anderen anderen werden benachteiligt). Alldies ist äusserst einschränkend für junge Leute wie mich, die sich für eine solche Art der Beschäftigung interessieren, umso mehr als die verfügbaren Stellen eher knapp sind.

Ich für meinen Teil, und für die Kommunistische Partei, hoffe deswegen, dass die eidgenössischen Kammern sobald wie möglich eine Erleichterung der Beschränkungen für die Posten in Projekten mit Auslandseinsätzen in Prüfung ziehen mögen, und dass sie eine Zusammenarbeit zwischen dem Durchführungsorgan des Zivildienstes und der DEZA initiieren, welche sich zum Sprecher einer alterntiven Vision der internationalen Zusammenarbeit machen sollte: sie sollte die Schaffung von gleichberechtigten Partnerschaften des Typs “Win-Win” mit Schwellenländern gestatten, die auch als “Blaupause” für die Wirtschaftsbeziehungen im gegenseitigen Vorteil zwischen beiden dienen können.

Zeno Casella, Nationalratskandidat 2015 der Kommunistischen Partei

Original (ital.): Cooperazione allo sviluppo? Ci andiamo noi civilisti! (sinistra.ch, 16 ottobre 2015)


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