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Der Oberste Gerichtshof der Türkei annulliert den Ergenekon-Prozess: es war alles eine Farce!

Wichtige hohe Offiziere der türkischen Streitkräfte, zusammen mit Journalisten und Akademikern von Ruf, waren ab 2008 im Rahmen des Ergenekon-Prozesses verhaftet und verurteilt worden. Der Prozess hat die Innenpolitik der Türkei bis heute geprägt. Sie waren angeklagt, für das Untergrundnetz Gladio und für die NATO gearbeitet zu haben, in der Absicht, die Regierung von Recep T. Erdogan gewaltsam zu stürzen. Die Anschuldigungen, die unter Grabesstille der europäischen und US-amerikanischen Behörden vonstatten gingen, erschienen von Anfang an überraschend, da ja die Regierungspartei von Erdogan, zumindest damals, aufs engste mit Washington verbündet war. Nur wenige westliche Journalisten schenkten dieser Unstimmigkeit Beachtung; dem gegenüber gab keine Schwierigkeiten für allerlei Beiträge zur Anschwärzung der Angeklagten als “Rechtsextremisten”.

So weit uns bekannt, hat sich in Europa nur der investigative Journalist Thierry Meyssan davon abgehoben.[1] Auf politischer Ebene sah es gleich aus: die von Massimiliano Ay geleitete Kommunistische Partei der Italienischen Schweiz war in der Tat die einzige Stimme, die, wie man ihrer Pressenote vom 5. August 2013 entnehmen kann, bereits damals begriffen hatte, was gespielt wurde: die Kommunisten der Südschweiz drückten ihre Solidarität mit den politischen Gefangenen aus und klärten die Bevölkerung darüber auf, dass es sich bei diesen um ernsthafte Anti-Imperialisten und keine Putschisten handelte. ( partitocomunista.ch )

In der Tat wird heute klar, dass die Verhafteten und jahrelang Eingekerkerten nicht mit reaktionären, faschistischen und subversiven Gruppen in Verbindung gebracht werden können, sondern dafür arbeiten, engere Beziehungen zwischen der türkischen und der chinesischen Armee zu knüpfen sowie Brücken zwischen der Türkei und Eurasien zu bauen, und damit die Beziehungen von Ankara mit den USA und der EU abzulösen. Nicht zufällig befand sich unter den Angeklagten auch Dogu Perincek, Präsident einer kleineren linken Partei mit maoistischer und kemalistischer Orientierung, namens Vatan Partisi.

Am 21. April 2016 hat der Oberste Gerichtshof der Türkei endlich den gesamten Prozess und die in ihm ausgesprochenen 275 politischen Urteile aufgehoben, da der ganze Fall “Ergenekon” nicht bewiesen wurde und sich als Farce entpuppt hat, die zugunsten der Sekte des türkisch-amerikanischen islamistischen Magnaten Fethullah Gülen orchestriert wurde, der schon seit einiger Zeit einen Machtkampf gegen Erdogan führt, weil der Präsident als zu “patriotisch” für die imperialistischen Pläne in der Region gilt. Eine Dynamik, die teilweise schon im Jahr 2014 von sinistra.ch aufgegriffen wurde.

Original (italienisch): Sinistra.ch | La Corte suprema turca annulla il processo Ergenekon – era tutta una farsa! (22 Aprile 2016) – Verdeutscht von kommunisten.ch (25.04.2016)

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1 Anmerkung des Übersetzers: Auch Im deutschen Sprachraum finden wir eine frühzeitige und klarsichtige Einschätzung der Vorgänge, nämlich beim deutschen Publizisten Jürgen Elsässer , zum Beispiel im Artikel Erdogans Schauprozess, Die Ergenekon-Säuberung vom 6. August 2013.


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