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Álvaro Cunhal (1913 – 2005)

Ein Leben im Dienst der Werktätigen und ihrer Partei.

Álvaro Barreirinhas Cunhal hat einen grossen Teil seines Lebens in der illegalen Arbeit, in faschistischen Kerkern und im Exil verbracht. Er wurde am 10. November 1913 in Coimbra als Sohn eines Rechtsanwalts und einer streng konservativen Mutter geboren. Im Alter von 17 Jahren trat der Jurastudent der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) bei. 1934 tauchte er in den Untergrund und wurde Generalsekretär der Kommunistischen Jugend. Als Teilnehmer am VII. Weltkongress der Komintern 1935 erstmals in der Sowjetunion. 1936 ins Zentralkomitee der PCP berufen. In den ersten Monaten des spanischen Bürgerkriegs begibt er sich für eine längere Mission nach Madrid. Bei seiner Rückkehr nach Portugal wird er 1937 von der politischen Poiizei gefasst. Auf freiem Fuss, nimmt er die Parteitätigkeit wieder auf und wird 1940 verhaftet und bleibt erneut über ein Jahr im Gefängnis. Auch in seiner Gefangenschaft setze er die Arbeit fort, warb Parteimitglieder und verfasste die Broschüre –Wenn du gefasst wirst, Genosse» mit zahlreichen wichtigen Hinweisen zum Verhalten gegenüber der Geheimpolizei. Nach der Entlassung beteiligte er sich aktiv an der umfassenden Reorganisation der Partei am Anfang der 1940er Jahre. Im Oktober 1942 wurde er in das Sekretariat des Zentralkomitees berufen, dem er bis zur Verhaftung 1949 angehörte.

Die PCP wird eine grosse nationale Partei

In diesen Jahren hatte er einen aktiven Anteil an der gesamten Arbeit der Parteileitung: bei den Sicherheitsmassnahmen, in der Schmiedung eines festen Kerns von Berufsrevolutionären, in der Schaffung eines technischen Apparates, in der Entwicklung der Organisation, in der Vorbereitung und Entwicklung von Arbeitskämpfen – namentlich in den grossen Streikbewegungen der Jahre 1943 bis 47 – , in der Bildung der nationalen Einheit der antifaschistischen Bewegung, in der Redaktion der Parteipresse, in der Wiederaufnahme der 1939 unterbrochenen Beziehungen mit der kommunistischen Weltbewegung. Im März 1949 wurde der –camarada Duarte», so sein damaliges Pseudonym, zusammen mit weiteren Genossen von der faschistischen Geheimpolizei festgenommen. Die schweren Foltern konnten ihn nicht brechen. Sie brachten ihn nicht zum Sprechen, und sie brachten ihn nicht zum Schweigen. Im Prozess 1950 schleuderte er den faschistischen Machthabern eine mutige Anklage entgegen, erklärte sich als «Adoptivsohn des Proletariats» und verteidigte die Politik der Partei. Er wurde verurteilt, blieb elf Jahre in Kerkerhaft, wovon acht in völliger Isolation.

Der Ausbruch: Am 3. Januar 1960 gelang Álvaro Cunhal, zusammen mit einer Reihe von mitgefangenen Parteiführern der lang vorbereitete und abenteuerliche Ausbruch aus der Festung von Peniche. Das war ein schwerer Schlag für Salazar, der sogar zur Behauptung griff, ein sowjetisches U-Boot habe in der Nähe dieser Küstenstadt auf Cunhal gewartet. Im März 1961 wählte ihn das Zentralkomitee zum Generalsekretär der Partei, ein Posten, der seit dem Tod von Bento Gonçalves im Konzentrationslager Tarrafal (1942) vakant geblieben war. Am VI. Kongress der Partei, der 1965 stattfand, erstattete er den politischen Bericht des ZK und beteiligte sich entscheidend an der Ausarbeitung der grundlegenden Dokumente, namentlich des Parteiprogramms. Er beteiligte sich an Delegationen der PCP in sozialistische Länder und vertrat die Partei an Treffen der Bruderparteien und zahlreichen internationalen Konferenzen.

Der 25. April 1974: die Freiheit.

Fünf Tage nach dem Sturz des Faschismus am 25. April 1974 kehrt Álvaro Cunhal nach Portugal zurück und wird am Flughafen von den werktätigen Massen mit stürmischer Begeisterung empfangen. Er gehört den ersten vier provisorischen Regierungen als Minister ohne Portefeuille an, wird 1975 in die verfassungsgebende Versammlung und 1976 ins Parlament gewählt. Sein Amt als Generalsekretär behielt er bis 1992. Später verblieb er in verschiedenen Parteifunktionen und wurde wiederholt ins Zentralkomitee gewählt.

«Bis morgen, Genosse!»

Álvaro Cunhal hinterlässt auch ein – ob vom politisch-ideologischen oder vom literarischen Standpunkt aus bewertet – grossartiges Werk unter seinem Pseudonym –Manuel Tiago», darunter die Erzählung –Bis morgen, Genosse!»1, ein wahres Epos des portugiesischen Proletariats und seines schweren Kampfes unter den Bedingungen der faschistischen Unterdrückung. (Und eine Fundgrube von konkretem Anschauungsmaterial für alle, welche die ideologischen Kämpfe innerhalb der kommunistischen Bewegung seit 1956 verstehen wollen.) Daneben hat er sich als plastischer Künstler einen Namen gemacht und überdies Shakespeare übersetzt.

Hauptquelle: Edição Avante! Nº 1646

1 Das Buch von Manuel Tiago: Bis morgen, Genosse! – Literarische Aufzeichnungen eines portugiesischen Kommunisten, erschien 1979 bei Dietz, Berlin.


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