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Kurden: ein fehlgeschlagener Kosovo

aginform.org – Die ganze westliche Welt, die gesamte imperialistische Linke engagieren sich in der Kampagne pro Kurden, welche die Flagge der Stars and Stripes verloren haben, unter der sie Zuflucht gefunden hatten, und die sich nun vor der Abrechnung mit der türkischen Armee befinden. Es braucht den Mut, zu dieser Angelegenheit klar zu sprechen und die Dinge zu sagen, wie sie sind. Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns damit beschäftigen, aber diesmal geht es darum, denen eine unnachgiebige Antwort zu erteilen, die uns in eine ausserhalb jeder antiimperialistischen Logik liegende Solidaritätsaktion hineinziehen wollen.

In erster Linie stellen wir uns eine Frage: wieso treten alle seit Jahren bekannten Unterstützer von Kriegsverbrechen gegen den türkischen Angriff auf die kurdischen Milizen auf? Wieso erhitzen diejenigen sich wegen ‘Massakern’ an der türkisch-syrischen Grenze, die sich angesichts der Massaker in Irak, Afghanistan, Jemen, Palästina, Syrien niemals schockierten? Ist diese Solidarität nicht verdächtig? Wer hat die kurdischen Milizen auf syrischem Territorium bewaffnet, und zu welchen Zwecken?

Wenn wir zur Analyse der Fakten übergehen und auch auf das geschichtliche Gedächtnis zurückgreifen, müssen wir feststellen, dass hinter der Rhetorik der kurdischen Milizen als Modell von Demokratie Umstände liegen, welche diese Darstellung Lügen strafen. Erinnern wir vor allem daran, dass den syrischen Ereignisse dieser Tage die irakische Angelegenheit vorangegangen ist: was dort als Kurdistan definiert wird und Teil jenes Landes ist, wurde nach dem Krieg gegen Saddam zu einer faktischen Kolonie der Westmächte und Israels, wo Erdöl und diverse Handelsgeschäfte die Macht der Familie Barzani kennzeichnen, seit jeher eine Verbündete der Amerikaner, die die Kurden auch schon zu Zeiten der revolutionären Regierung von Kassem benutzt haben und den Vorgänger des gegenwärtigen Gouverneurs der Region während vieler Jahre beherbergten.


Insofern kann man sagen, dass die Kurden rückfällig werden im Verhältnis zu den Amerikanern, die diese Beziehungen ausnützen und zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen haben, indem sie unter dem Vorwand der ISIS direkt in Syrien eingriffen, um die legitime Regierung in Damaskus zu schwächen und das Land im Kampf gegen das Kalifat zu spalten und zu schwächen. Eine schmutzige Operation der Amerikaner, die gerade zum Zeitpunkt intervenierten, als die syrische Regierung im Begriffe war, mit Hilfe der Russen den islamischen Terrorismus zu besiegen; eine Operation, deren wahre Ziele die Liquidation der schiitischen Führung der irakischen Regierung und das Verschwinden des unabhängigen Syriens von Assad waren.


Diese Operation, die uns da als Geburt einer kurdischen Selbstregierung präsentiert wurde, war in Wirklichkeit die Nachahmung des Modells von Kosovo, wo nach dem ‘Unabhängigkeits’-Krieg die grösste Militärbasis der USA in Europa errichtet wurde, das heisst unter Ausnutzung der Unabhängigkeitsfrage zwecks Schaffung einer grösseren amerikanischen Militärpräsenz in der Region. All dies hat nach unserer Auffassung sehr wenig mit den Fragen der kurdischen Bevölkerung zu tun. Am Ende sind aber die Dinge anders gelaufen, sei es wegen der Entscheidungen von Trump über die amerikanische Zukunft im Nahen Osten, sei es weil die Türkei nicht im geringsten geneigt ist, einen kurdischen Kosovo an ihren Grenzen hinzunehmen. Die westlichen Regierungen, besonders die europäischen, wissen gut, wie die Dinge stehen und rezitieren ihren Part in der Komödie mit Sanktionsdrohungen gegen die Türkei. Päpstlicher als der Papst und unter dem Applaus aller grossen italienischen Zeitungen, geht die imperialistische Linke hingegen auf die Strasse: für einen kurdischen Kosovo und nicht für die Unabhängigkeit und Einheit Syriens.


Quelle: Aginform – Foglio di Corrispondenza comunista: Curdi: un Kossovo mancato (12 ottobre 2019) | Übersetzung aus dem Italienischen: kommunisten.ch (19.10.2019)


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