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«Ami go home»

Die Weltsicht des Markus Somm – ein Kommentar von STEFAN HOFER

In seiner Kolumne in der «Sonntagszeitung» vom 4. Oktober 2020 legt der politische Publizist Markus Somm unter dem Titel «Ami go home» seine Sicht der Beziehungen zwischen den Staaten, der internationalen Politik dar. Ausgangspunkt ist seine Feststellung: «Wer die Geschichte kennt, weiss, dass Krieg zur menschlichen Existenz gehört wie Seuchen, Hunger oder Untergang». Herr Somm ist also der Meinung, dass die Menschheit den Hunger auf der Welt nie wird besiegen können und dass es Kriege geben wird, solange die Menschheit existiert.

Herr Somm sieht jedoch eine Friedensmacht, die mit ihrem militärischen Potential völlig uneigennützig mit geradezu «grotesker Grosszügigkeit» dafür gesorgt hat, dass wir in Westeuropa seit 1945 keinen Krieg mehr erlebt haben: die USA.

Tatsache ist jedoch, dass seit 1945 kein Staat so viele Kriege mit so vielen Todesopfern geführt hat wie die USA. Die US Army hat die seit 1945 von ihr geführten Kriege mit einer Brutalität und unmenschlichen Rücksichtslosigkeit geführt, die nur noch von der Hitlerwehrmacht übertroffen worden ist.

Im August 1945 haben die USA über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki Atombomben abgeworfen, durch die in wenigen Sekunden 100 000 Zivilisten (Frauen, Kinder und alte Menschen) getötet worden sind und in den folgenden Monaten bis Ende 1945 noch einmal 130 000 Menschen an den Folgen der Verletzungen und Verstrahlungen gestorben sind. Für die siegreiche Beendigung des 2. Weltkrieges gegen das faschistische Japan war dieser Einsatz von Atomwaffen völlig unnötig, da Japan schon vor dem Atombombenabwurf die Kapitulation angeboten hatte.

Im Koreakrieg von 1950 bis 1953 sind durch schwerste Kriegsverbrechen der US Army mehrere hunderttausend Menschen ermordet worden.

Im Vietnamkrieg haben durch die Kriegführung der USA mehrere Millionen Vietnamesen ihr Leben verloren. Zwei Millionen Vietnamesen haben durch den Einsatz von US-Chemiewaffen (agent orange) schwere Gesundheitsschädigungen erlitten.

Von 1965 bis 1973 hat die US Air Force über Laos Bomben mit einem Gesamtgewicht von 2,1 Millionen Tonnen abgeworfen, mehr als während des 2. Weltkrieges auf Deutschland und Japan abgeworfen worden sind.

Durch den völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak, der mit der Lüge begründet worden ist, Saddam Hussein bedrohe die Welt mit Massenvernichtungswaffen, haben mehrere hunderttausend Menschen ihr Leben verloren. Auch im Irakkrieg hat das US-Militär scheusslichste Kriegsverbrechen begangen. Schon vor dem Krieg sind im Irak mehrere Millionen Menschen wegen Mangelernährung infolge der von den USA verhängten Wirtschaftssanktionen gestorben.

Richtig ist, dass es in Europa nach dem 2. Weltkrieg bis 1990 d. h. bis zum Untergang der Sowjetunion keinen grossen Krieg mehr gegeben hat. Aber ist das wirklich das Verdienst der USA?

Nach dem 2. Weltkrieg, an dem sich die USA in der Anti-Hitler-Allianz erst mit grossem Einsatz beteiligt haben, als der Krieg durch den opferreichen Kampf der Sowjetarmee bereits entschieden war, haben die USA befürchtet, dass die Völker Westeuropas sich für den Sozialismus oder für ein friedliches, gutnachbarschaftliches und kooperatives Zusammenleben mit der Sowjetunion entscheiden könnten. Aus diesem Grund haben sie nach dem Tod von Präsident Roosevelt die Politik des Containment und Rollback proklamiert und damit den kalten Krieg gegen die Sowjetunion eröffnet.

Die westlichen Besatzungszonen in Deutschland haben sie zu einem aggressiven Bollwerk gegen die Sowjetunion aufgerüstet, wobei sie sich ohne Skrupel auf die Kräfte gestützt haben, welche das Hitlerregime und die Naziwehrmacht getragen haben.

Ein von der Sowjetunion vorgeschlagenes Verbot sämtlicher Atomwaffen haben die USA abgelehnt, weil sie den militärischen Vorteil des Alleinbesitzes von Atomwaffen nicht preisgeben wollten.

Dass es in Europa in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg nicht zu einem heissen Krieg gekommen ist, ist nicht dem Friedenswillen der USA zu verdanken, sondern der Tatsache, dass es, nachdem die USA ein Atomwaffenverbot abgelehnt hatten, der Sowjetunion gelungen ist, mit gewaltiger Anstrengung in kurzer Zeit ebenfalls Atomwaffen zu entwickeln und herzustellen. Nicht den USA verdanken wir, dass es nach 1945 in Europa bei einem kalten Krieg geblieben ist, sondern der Tatsache, dass die Sowjetunion im von den USA angeführten Wettrüsten lange Zeit mithalten konnte mit der Folge, dass ein Krieg gegen die Sowjetunion auch für die USA katastrophale Folgen gehabt hätte.

Nach dem Untergang der Sowjetunion hat es dann nicht lange gedauert, bis auch in Europa wieder Bomben gefallen sind. Unter Führung der USA hat die NATO völkerrechtswidrig Serbien bombardiert mit dem Ziel, die letzte Regierung in Mitteleuropa, die sich noch der Hegemonie der USA widersetzte, zu Fall zu bringen.

Den rücksichtslosen Einsatz militärischer Gewalt zur Durchsetzung und Verteidigung der von den Vereinigten Staaten von Amerika dominierten Weltordnung haben die USA grundsätzlich nie gescheut. Dabei hat sie der Wille der Völker, gegen deren Staaten sie Krieg geführt haben, stets nur in zweiter Linie interessiert.

Nur das Risiko, dabei selbst vernichtende Verluste zu erleiden, konnte die USA davon abhalten, das was sie ihre «vital interests» nennen, mit militärischer Aggression geltend zu machen.

Wenn jemand den Frieden in der Welt bewahren kann, dann sind es die Mächte China und Russland, die das wissenschaftlich-technische, militärische und wirtschaftliche Potential haben, die USA und ihre NATO in die Schranken zu weisen und längerfristig eine kontrollierte und allseitige Abrüstung zu erzwingen.
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Dieser Kommentar von Stefan Hofer, ist erstmals am 29. Oktober 2020 auf www.pda-basel.ch erschienen