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Brief der kommunistischen Parteien an den Bundesrat:

Für eine effiziente Gesundheitspolitik: Impfstoffproduktion wieder in staatliche Hand!

In einem gemeinsamen Brief an den Gesundheitsminister Alain Berset ziehen die Partei der Arbeit Basel (PdA) der Partito comunista (PC) und der Parti communiste genèvois eine Zwischenbilanz der Pandemie. Dabei verlangen sie eine kritische Aufarbeitung des Fehlers von 2003, das staatseigene Serum- und Impfstoff-Institut Berna zu veräussern. Das hat sich nach den Erfahrungen der letzten Monate als grosser Schaden für unser Land erwiesen. Der Bundesrat wird im Brief aufgefordert, daraus die nötigen Lehren zu ziehen und diese in praktische Lösungen umzusetzen.

Sehr geehrter Herr Bundesrat

Seit nunmehr einem Jahr wird das Leben auf unserem Planeten beherrscht vom Kampf gegen die Corona-Pandemie. Auch bei uns in der Schweiz dominieren die Pandemie-Probleme das soziale und wirtschaftliche Leben. Wir denken, dass es an der Zeit ist, eine nüchterne Zwischenbilanz zu ziehen.

Zu dieser Zwischenbilanz gehört unserer Meinung nach in erster Linie eine kritische Aufarbeitung der Geschichte bzw. der Versäumnisse und Fehler rund um das Schweizerische Serum- und Impfstoff-Institut Berna (hier mehr lesen über das Institut). Daraus müssen unbedingt die richtigen Lehren gezogen werden, wie dies ja inzwischen auch andere, nicht nur linke Politiker fordern.

Unserer Meinung nach ist es angesichts der zu erwartenden weiteren Pandemien und Virus­varianten unabdingbar, ein eigenes Schweize­risches staatliches Impf­stoff­institut zu haben bzw. wieder zu etablieren. Ohne ein solches kann langfristig die Volks­gesundheit und auch ein normales Wirtschafts- und Kultur­leben nicht garantiert werden.

Das beim unverantwortlichen Verkauf der Berna ins Ausland und der anschliessenden «Abwicklung» des gut funktionierenden Schweizer Instituts mit hervorragend qualifizierten Mitarbeitern von bürgerlicher Seite vorgebrachte «Argument» der Rentabilität ist ein echtes Totschlagsargument: Es ist seit langem bekannt, dass Impfstoff-Forschung, Impfstoffentwicklung und Impfstoffproduktion bei der Pharmaindustrie aufgrund der geringen Profite nicht beliebt sind.

Umsomehr kommt es nun darauf an, die ganze Kette der Impfstoffproduktion – übrigens nicht nur gegen Corona-Viren, sondern auch gegen viele andere gefährliche Erreger – staatlich gezielt zu organisieren. Dies ist im Sinne des Service Public mindestens ebenso wichtig wie andere Bereiche wie z. B. der öffentliche Verkehr (SBB etc.), die alljährlich mit Milliardensummen dotiert werden.

Denn es hat sich doch jetzt eindeutig gezeigt, dass der soziale und volkswirtschaftliche Schaden gewaltig ist, wenn man auf diesem Gebiet die Dinge nicht mehr in der eigenen Hand hat. Die jetzt entstandenen Kosten sind jedenfalls um ein Vielfaches höher als sämtliche Kosten, die bei einer Weiterführung und sogar bei einem Ausbau der Berna seit 2003 entstanden wären. Und zwar notabene Kosten für den Staat aus den Mitteln der Steuerzahler sowie eine hohe langfristige Schuldenlast für die kommenden Generationen.

Die Schweiz hat alle Voraussetzungen dafür, zu einem hochangesehenen Hotspot der Impfstoffproduktion in der Welt zu werden: ein grosses finanzielles Polster (u. a. Nationalbankgewinne), hervorragende wissenschaftliche und personelle Kapazitäten, starke wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, eine international führende Pharmaindustrie und eine über hundertjährige Tradition bei der Entwicklung von Impfstoffen.

Ein gut funktionierendes staatliches Impfstoffinstitut hätte zum Beispiel auch jetzt, in der gegenwärtigen weltweiten Krise, Impfstoffe gegen Covid-19 nicht nur für die Schweiz, sondern auch für weite Teile der Welt bereitstellen und exportieren können. Stattdessen mussten die ausländischen Impfstoffe teuer eingekauft werden (Pfizer BioNTech, Moderna).

Wir sind daher der Meinung, dass unser Land mit einem eigenen Serum- und Impfstoffinstitut wesentlich besser gefahren wäre, und dass es nun Aufgabe der Politik ist, daraus die Lehren zu ziehen und in praktische Lösungen umzusetzen.

Dies sollte so schnell wie möglich in enger Zusammenarbeit mit allen interessierten Seiten, auch wo immer möglich mit der Pharmaindustrie, und vor allem in Koordination mit der Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf geschehen. Denn eine Pandemie kann man natürlich nur international und global besiegen. Hier muss die Schweiz nach unserer Meinung unbedingt an führender Stelle dabei sein. Das wäre auch im Sinne der gutschweizerischen Traditionen.

Das ist eine grosse Aufgabe, bei deren Bewältigung wir Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesrat, viel Kraft und Energie wünschen. Und natürlich hoffen wir nun, dass unser Appell auf fruchtbaren Boden fällt, bevor weitere Pandemien über uns hereinbrechen, auf die wir unzureichend vorbereitet sind.

Ihnen danken wir für Ihren Einsatz für den Schutz der Gesundheit unserer Bevölkerung und wünschen Ihnen, dass auch Sie gesund bleiben.

Partei der Arbeit Basel, Matthias Goldschmidt, Sekretär
Partito comunista, Massimiliano Ay, segretario politico
Parti communiste Genève, Esteban Munoz, secrétaire politique

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