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Die ATC-Schule in Managua mit der Aufschrift: «Globalisieren wir den Kampf, globalisieren wir die Hoffnung». Ein Aufruf zum Handeln, damit eine Welt des Buen Vivir für alle aufgebaut wird.

Nicaragua: Wie die Volksrevolution am Buen Vivir baut

Soziale Transformation (Revolution) erfordert sowohl politische Macht als auch die Beteiligung des Volkes. Ohne politische Macht haben revolutionäre Programme nicht die materiellen Ressourcen, die sie benötigen. Ohne die Beteiligung des Volkes können revolutionäre Programme, selbst mit Ressourcen, nicht in die Praxis umgesetzt und verteidigt werden. Das ist eine wichtige Erfahrung, die MARGARET FLOWERS. Die US-Amerikanerin war mit einer Delegation von «Sanctions Kill» in Nicaragua unterwegs.

Im Moment haben die Nicaraguaner beide Voraussetzungen für die Revolution, und sie machen grosse Fortschritte beim Aufbau einer neuen Gesellschaft oder, wie es in Lateinamerika oft genannt wird, für das «Buen Vivir» (das gute Leben). Sie demonstrieren, was wir meinen, wenn wir sagen, dass die Gesellschaft verändert werden muss, «um Menschen und den Planeten über Profite zu stellen». Und das ist einer der Gründe, warum die Vereinigten Staaten Nicaragua durch hybride Kriegsführung ins Visier nehmen, einschliesslich einer Desinformationskampagne, direkter Einmischung in die Politik des Landes und wirtschaftlicher Angriffe. Es ist klar, dass die Vereinigten Staaten bereits daran arbeiten, die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Nicaragua, die für den 7. November angesetzt sind, zu untergraben, aber das wird ein notwendiges Thema für einen anderes Mal sein.

In diesem Rundbrief werde ich mich auf zwei Aspekte der laufenden sandinistischen Revolution in Nicaragua konzentrieren: den Aufbau der Macht durch die Organisierung der Landarbeiter und den Aufbau einer multikulturellen Gesellschaft, die die Souveränität der indigenen Völker respektiert. Beide enthalten Lektionen für Aktivisten in den Vereinigten Staaten.

Mauer an der Stelle der Gräber der Revolutionshelden in Managua. (Bild: Margaret Flowers)

Im letzten Rundbrief habe ich ein wenig über die Geschichte des Volkskampfes in Nicaragua geschrieben, dem grössten Land in Mittelamerika, das eine geringe Bevölkerungsdichte von etwa sechs Millionen Menschen hat. Durch eine bewaffnete Massenbewegung verdrängten die Nicaraguaner Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die US-Marines, aber darauf folgten fast 50 Jahre brutaler Diktatur der von den USA unterstützten Liberalen Partei unter Führung der Somoza-Familie. Während dieser Zeit besass eine Minderheit von Menschen (5%) den grössten Teil des Landes (80%).

1979, im selben Jahr, in dem der von den USA unterstützte Schah von Iran verjagt wurde, stürzte die Sandinistische Nationale Befreiungsfront (FSLN), die in den 60er Jahren entstanden war, die Somozas und konnte endlich damit beginnen, ihr 13-Punkte-Programm des Sozialismus in die Praxis umzusetzen. Obwohl es während des von den USA unterstützten Contra-Krieges in den 1980er Jahren und der neoliberalen Periode von 1990 bis 2006 Rückschläge gab, hat Nicaragua in den letzten 14 Jahren grosse Errungenschaften erzielt, die andere arme Länder und so manches reiche Land wie die Vereinigten Staaten nicht erreichen konnten.

Kostenlose Bildung – universelle Gesundheitsversorgung – Emanzipation – Ernährungssouveränität

Zu den Erfolgen gehören der Zugang zu kostenloser Bildung von der Vorschule bis zur Universität für alle Menschen, eine universelle Gesundheitsversorgung, Landbesitz, eine Rente, die Stärkung von Frauen, Jugendlichen und marginalisierten Bevölkerungsgruppen und vieles mehr. Nicaragua hat eine primär volkseigene Wirtschaft, die aus Kooperativen und kleinen Bauernhöfen und Unternehmen besteht. Nicaragua hat eine Ernährungssouveränität erreicht: 90% der konsumierten Lebensmittel werden vor Ort produziert und es gibt einen wachsenden Agrarexportmarkt. Das Land baut seine Infrastruktur aus, insbesondere Strassen, Elektrizität und Trinkwasser. Derzeit haben über 98% der Haushalte Strom und 75% davon stammen aus erneuerbaren Quellen. Fast ein Viertel der erzeugten Energie ist geothermisch, denn Nicaragua ist ein Land der Vulkane. Hier mehr dazu.

Es dauerte viele Jahrzehnte, um die Bedingungen zu schaffen, unter denen diese Errungenschaften erzielt werden konnten. Der Kampf, die sandinistische Revolution in die Praxis umzusetzen und die Errungenschaften zu verteidigen, geht weiter. Sowohl die FSLN als auch die Vereinigung der Landarbeiter (ATC) sind integraler Bestandteil dieses Kampfes.

Yorlis Luna, Professorin und Koordinatorin der IALA, hält einen Vortrag vor der Delegation. (Bild: Margaret Flowers)

Die Vereinigung der Landarbeiter wurde vor 43 Jahren offiziell gegründet, obwohl die Arbeit zur gewerkschaftlichen Organisierung der Landarbeiter bereits in den frühen 70er Jahren begann, zur gleichen Zeit, als die FSLN entstand. In meinem Interview mit Fausto Torres, der von Anfang an bei der ATC dabei war und derzeit als Sekretär für internationale Beziehungen fungiert, erklärt er, dass die ATC und die FSLN aus demselben Kampf entstanden sind, wobei die ATC aus Arbeitern besteht und die FSLN eine politische Plattform bietet, die in der Ermächtigung der Arbeiter wurzelt. Beide Arme der Revolution ergänzten sich gegenseitig. Zum Beispiel versorgte die ATC die FSLN-Kämpfer während des Contra-Krieges mit Lebensmitteln und sicheren Unterkünften, und viele Sandinisten, die die Revolution während dieser Zeit verteidigten, kamen aus der ATC.

Nach dem Sturz der Somoza-Diktatur liess die ATC die Agrarreform Wirklichkeit werden – über 120 000 Bauernfamilien kamen in ihren Genuss – und half, diese Landgewinne zu verteidigen. Die ATC bot Alphabetisierungsprogramme an und half neuen Landbesitzern, ihre kleinen Farmen produktiv zu machen. Einige Landbesitzer gründeten Kooperativen.

Frühere Contras integriert

Nach dem Contra-Krieg förderte die ATC einen Versöhnungsprozess zwischen Menschen, die auf beiden Seiten gekämpft hatten. Heute leben und arbeiten Sandinisten und ehemalige Contras in vielen Gemeinden Seite an Seite und gehören denselben Kooperativen an. Die ATC organisiert weiterhin Landarbeiter und klärt sie über Arbeitsgesetze auf; es gibt spezielle Programme für Jugendliche und Frauen.

Die ATC hat mehrere Schulen. Eine der neueren ist das Lateinamerikanische Institut für Agrarökologie (IALA), das Menschen aus ganz Lateinamerika ausbildet. Das IALA verbindet traditionelles Wissen mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, um Praktiken zu entwickeln, die nachhaltig sind, der Klimakrise entgegenwirken und den kulturellen Bedürfnissen der lokalen Gemeinschaften dienen. In Übereinstimmung mit den Werten der ATC und der FSLN wird der Schwerpunkt auf die Einbeziehung und Befähigung von Jugendlichen und Frauen gelegt, um die Entwicklung neuer Führungspersönlichkeiten zu unterstützen.

Antikapitalistisch, antiimperialistisch und anti-patriarchalisch

In den frühen 90er Jahren universalisierte die ATC ihre Bauernbewegung durch die Gründung von La Via Campesina, einer Mitgliedsorganisation, die derzeit in Amerika, Afrika, Europa, Asien und Ozeanien tätig ist und über 200 Millionen ländliche Familien vertritt, die sich für den Aufbau einer demokratischen und ausbeutungsfreien Gesellschaft einsetzen. Zu den Mitgliedern von La Via Campesina gehören neben den Landarbeitern auch Migranten, landlose Bauern und Menschenrechtsverteidiger. Es gibt vier Hauptarbeitsbereiche: Landreform, Ernährungssouveränität, bäuerliche Kultur und Vergesellschaftung von Gemeingütern. Als Organisation arbeitet sie durch kollektive Führung und partizipative Demokratie. La Via Campesina legt Wert auf Geschlechtergleichheit, Jugendbeteiligung, Vielfalt, Disziplin und internationale Solidarität. Sie ist antikapitalistisch, antiimperialistisch und anti-patriarchalisch.

La Via Campesina führt eine Reihe von Kampagnen durch. Eine davon zielt auf die transnationalen Konzerne, besonders auf die in den USA ansässigen, die die «Grüne Revolution» vorantreiben, die versucht, den Landbesitz zu dominieren, die Nahrungsmittelproduktion zu kontrollieren und ein giftiges und ausbeuterisches Nahrungsmittelsystem voranzutreiben, das auf Profiten für einige wenige basiert. Ein jüngster Erfolg in diesem Kampf war die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Rechte der Bauern und anderer Menschen, die in ländlichen Gebieten arbeiten, Ende 2018 bei den Vereinten Nationen. Es sollte keine Überraschung sein, dass die Vereinigten Staaten und einige Länder der Europäischen Union dagegen waren.

Das ATC und La Via Campesina bauen die lokale und globale Volksbewegung auf, die notwendig ist, um die Macht der Konzerne und den Kapitalismus herauszufordern und eine Welt zu schaffen, die die Rechte aller Menschen schützen und die Klimakrise abmildern kann.

Aminta Zea erklärt den Mitgliedern des Gemeinderats in Tuapi, wer unsere Gruppe ist. (Bild: Margaret Flowers).

Eine weitere Errungenschaft in Nicaragua ist die laufende Arbeit in der Autonomen Zone, die 47% des Landes an der nördlichen und südlichen Karibikküste umfasst, um die Rechte der indigenen Völker und der Afro-Deszendenten, die lange Zeit diskriminiert wurden, wiederherzustellen.

Grundlage für diese Arbeit ist die nicaraguanische Verfassung, die nach dem Sturz der Somoza-Diktatur verabschiedet wurde und die eine multiethnische Gesellschaft vorsieht. Aufgrund des Contra-Krieges und der darauf folgenden neoliberalen Periode wurden die meisten Errungenschaften erst in den letzten zehn Jahren seit der Wiedereinsetzung von Daniel Ortega als Präsident erreicht. Es gab eine zehnjährige Periode von Verhandlungen zwischen der Regierung und den autonomen Gemeinschaften, die dazu führte, dass die Titel von 33% des nationalen Territoriums an dreiundzwanzig indigene und afro-deszendente Völker vergeben wurden, die diese beantragt hatten.

Die indigenen Führer entscheiden, welche Teile des Landes für Wohnzwecke oder Landwirtschaft genutzt werden sollen und welche Regelungen darüber getroffen werden, ob Nicht-Indigene dort leben dürfen oder nicht. Zum Beispiel ist die Hauptstadt der nördlichen Karibikküste, Bilwi, im Besitz der Menschen in Karata und sie erhalten Steuerertrag von der Stadt, die früher Puerto Cabezas hiess.

Ausbau der Infrastruktur und Priorität für Bildung

In den letzten Jahren wurden noch nie dagewesene Summen für den Bau von Autobahnen ausgegeben, um die Gemeinden untereinander und mit Märkten für ihre Waren zu verbinden. Es gab auch einen grossen Ausbau der Gesundheitseinrichtungen und der Infrastruktur für Strom und Wasser. Auch die Bildung hat eine hohe Priorität. Die Schulen sind mehrsprachig und umfassen neben der Muttersprache auch Spanisch und Englisch. Das Universitätssystem ist dem Multikulturalismus und der Wahrung des traditionellen Wissens gewidmet. Ihr Entwicklungsplan basiert auf menschlicher Entwicklung und nicht auf Ausbeutung.

Einige der wichtigsten Industrien in der Region sind Bergbau, Forstwirtschaft und Viehzucht. Sie arbeiten an Bergbaumethoden, die die Umweltbelastung und -verschmutzung durch den Bergbau reduzieren. Für Holz muss die Gemeinde alle Pläne genehmigen, und sie ist Eigentümerin und Nutzniesserin des gesamten Prozesses. Ähnlich bei Rindern: Die Gemeinde entscheidet, wer Rinderfarmen haben darf. Da sich durch die Klimakrise die «Trockenzone» ausserhalb der Autonomen Region ausdehnt, haben nicht-indigene Viehzüchter nach anderen Gebieten gesucht, um ihre Herden zu züchten, und dies wurde von den Vereinigten Staaten als Mittel benutzt, um Nicaragua durch eine Lügengeschichte von angeblichen Übergriffen auf indigene Gemeinden anzugreifen, bekannt als die «Conflict Beef» Geschichte (mehr dazu in der Seitenspalte). Dies ist weit von der Realität entfernt, wie John Perry erklärt.

Nicaragua demonstriert ein Modell, das von den Ureinwohnern geführt wird und bei dem der Staat eine unterstützende Rolle spielt. Stellen Sie sich vor, das Land in den Vereinigten Staaten würde an die indigenen Völker zurückgegeben, die selbstverwaltet kontrollieren, was auf dem Land gemacht wird, einschliesslich der Frage, wer dort leben darf. Es würde lange dauern, die Jahrhunderte der Unterdrückung und des gestohlenen Reichtums rückgängig zu machen und würde endlich die US-Ära des Siedlerkolonialismus beenden.

Die Delegation von Sanctions Kill mit Mitgliedern der ATC in Managua. Bild: Freunde des ATC).

Von den Menschen in Nicaragua können wir viel darüber lernen, wie man sich organisiert, Widerstand leistet und eine multikulturelle Gesellschaft aufbaut, die auf partizipativer Demokratie, Ermächtigung und Heilung der Erde basiert. Die Delegation von Sanctions Kill gab einen Einblick in diese kraftvolle Arbeit, aber es gibt noch mehr zu wissen über die spezifischen Programme und wie sie in unsere Arbeit hier übersetzt werden können, um unsere Regierung zur Verantwortung zu ziehen und unsere Gesellschaft zu verändern.

Mit revolutionärer Disziplin gegen imperialistische Einmischung

Ein Thema, das während der Delegation aufkam, ist das der «revolutionären Disziplin». Revolutionen ereignen sich nicht einfach. Sie sind die Frucht der Hingabe an Bildung und Kampf. Jeder von uns kann revolutionäre Disziplin in seinen Gemeinden praktizieren, indem er politische Bildung betreibt, sich organisiert, Druck auf die Regierung ausübt und alternative Programme aufbaut. Durch diese Arbeit werden wir die Massenbewegung aufbauen, die für den Erfolg notwendig ist.

Wir müssen auch daran arbeiten, Nicaragua und anderen revolutionären Gesellschaften zu schützen, die von der US-Aussenpolitik ins Visier genommen werden, weil sie es wagen, ihre Selbstbestimmung und Souveränität zu verteidigen. Wir haben die Gewalt und Zerstörung des von den USA unterstützten Putschversuchs 2018 miterlebt. Wir sehen bereits, wie die USA den Boden für eine Einmischung in die Präsidentschaftswahlen in Nicaragua im November dieses Jahres vorbereiten. Setzen wir revolutionäre Disziplin in die Praxis um, indem wir uns nicht von falschen Medienerzählungen täuschen lassen und unsere Stimme gegen die Einmischung der USA erheben.
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Der Text ist erstmals am 18. März auf popularresistance.org erschienen. Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version).