kommunisten.ch

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Entdeckt: der erste kommunistische Buchverlag der Schweiz

Die in Zürich domizilierte und von Christof Manz geleitete Dokumentationsstelle für historische Recherchen hat einen weiteren Beitrag zur Geschichte der Arbeiterbewegung abgeschlossen. Sie dokumentiert die Publikationen des 1916 in Belp gegründeten Promachos-Verlags, der bei der ersten Gründung der Kommunistischen Partei 1919 eine wichtige Rolle gespielt haben dürfte. Der Verlag, der später nach Biel und Tüscherz verlegt wurde, gab Schriften in deutscher, französischer und englischer Sprache heraus, darunter auch Übersetzungen führender Bolschewiki. Zu den Büchern kamen später mit dem «Bieler Vorwärts» und der «Neuen Ordnung» auch noch Zeitungen als Verlagsobjekte dazu.

Die Entstehung des Promachos-Verlags muss wohl im Zusammenhang mit den Debatten im Gefolge der Zimmerwalder-Konferenz, die – Zufall oder nicht – unweit des damaligen Verlags-Standorts Belp getagt hatte, gesehen werden. Gemäss der Forschungsstelle kam dem Verlag rasch eine wichtige Rolle in den Prozessen und Entwicklungen zu, welche im Mai 1919 zur Erstgründung der KPS geführt hatten. Er gab denn auch die Zeitung «Neue Ordnung» als offizielles Organ der KPS heraus wie zuvor schon den «Bieler Vorwärts» und kurze Zeit «Die neue Internationale». Die «Neue Ordnung» war übrigens das erste offizielle und durch die Komintern anerkannte Organ der kommunistischen Bewegung der Schweiz.

Federführend war dabei immer der Kreis um Joggi Herzog. Untrennbar mit dem Verlag verbunden ist, so die Dokumentation der Forschungsstelle, auch der Name Fritz Jordi, der aus einer Drucker-Familie stammte und eine kurze Zeit zu den Jungkommunisten um Jakob «Joggi» Herzog, Leonie Kascher, H. H. Itschner, Hermann Bobst, Hans Bruggmann und weiteren gehörte. Er gründete, zusammen mit seinem früh verstorbenen Bruder, 1916 den Verlag. So gesehen war Promachos einer der «Hausverlage» dieser Jungkommunisten, welche sich anfänglich, unter Federführung Jakob Herzogs, «Gruppe Forderung» genannt hatten, jedoch schon wenig später, im Kopfteil der Zeitschrift «Die Neue Internationale», «kommunistische Kampfgruppen der Schweiz» hiessen. Die Dokumentation führt achtunddreissig Titel chronologisch nummeriert auf.

Wenn oben beim Kreis um Joggi Herzog von «Jungkommunisten» die Rede ist, bezieht sich das auf den von der Forschungsstelle für die Mitglieder der ersten KPS konsequent verwendeten Begriff. Sie hält diese Bezeichnung sachlich-historisch «wesentlich zutreffender» als das in der bisherigen Geschichtsschreibung in der Regel verwendete Wort «Alt-Kommunisten». Nicht nur ideologisch, sondern auch, «weil einige aus dem Kreis um Jakob Herzog gleichzeitig noch Mitglieder der sozialistischen Jugendorganisation und mit wenigen Ausnahmen allesamt jung waren». Zu den Erstgründern gehörten neben Herzog auch Hofmaier, Emil Arnold und, in gewissem Sinne, Marino Bodenmann (die Promachos-Schrift ein starkes Indiz dafür), der zwar nicht offizielles Mitglied gewesen ist, aber dem wohl eine Scharnierrolle zukam zwischen KP-Erstgründern und der SP-Parteilinken.

Der Promachos-Verlag hat bis zur Gründung der vereinigten KPS 1921, nach dem Zusammenschluss von Joggi Herzogs Partei mit der SP-Parteilinken, bestanden. Bei den dieses Jahr publizierten Artikeln zum 100-Jahr-Jubiläum der zweiten KPS-Gründung wurde die wichtige Vorarbeit, die durch die Erstgründung für den Aufbau einer Kommunistischen Partei der Schweiz geleistet wurde, kaum gewürdigt. Aber gerade der Promachos-Verlag zeigt, dass es sich bei der ersten Gründung der KPS keineswegs um ein vernachlässigbares Nonvaleur gehandelt hat. Mit seinen Publikationen hat er im Kampf gegen den Opportunismus wohl mit dazu beigetragen die SP-Parteilinke auf der Linie der Dritten Internationale zu halten und so einen wichtigen Grundstein für die Zweitgründung gelegt.

→ Hier die Dokumentation anschauen

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