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Völlig zerstörtes Viertel in Gaza, 2023. Foto: Printscreen The Grayzone

Israel und USA planen vollständige Deportation aus Gaza

Die Abschiebung aller Bewohner des Gazastreifens ist der gemeinsame Plan der USA und Israels. Dem Plan zufolge sollen die Palästinenser nach Ägypten, in den Irak, in die Türkei und in den Jemen «umgesiedelt» werden. Diese gross angelegte ethnische Säuberung wird zynischerweise als «moralischer und humanitärer» Hilfsplan dargestellt. Wenn die europäischen Länder nicht noch das letzte bisschen Glaubwürdigkeit verlieren wollen, müssen sie den Zionisten nun sofort in den Arm fallen.

MARC VANDEPITTE in De Wereld Morgen

«Wer eine ‹neutrale› Haltung gegenüber Situationen der Unterdrückung einnimmt, stellt sich auf die Seite des Unterdrückers», sagte der südafrikanische Bischof Desmond Tutu, der 1984 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

In der jüngeren Kriegsgeschichte hat es selten ein so intensives und massives Abschlachten von Zivilisten und Kindern gegeben wie in Gaza, einem der am dichtesten besiedelten Orte der Welt. In zwei Monaten wurden mehr als 40 000 Tonnen Sprengstoff auf eine Stadtbevölkerung im Norden abgeworfen. Das ist doppelt so gross wie eine 20 000 Tonnen schwere Atombombe. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation wird alle zehn Minuten ein Kind getötet.

Mehr als die Hälfte von Gaza-Stadt ist bereits zerstört, darunter Schulen, Moscheen und Kirchen. Krankenhäuser funktionieren nicht mehr. Bäckereien sind geschlossen und es gibt fast kein Trinkwasser mehr. Die Zerstörung und Abschlachtung erfolgt im industriellen Massstab mit künstlicher Intelligenz.

Die Menschen wurden zuerst aus dem Norden vertrieben, aber jetzt ist der Süden mit schweren Bombenangriffen und einer Bodenoffensive gegen die Stadt Khan Yunis an der Reihe. Laut einem leitenden Angestellten der humanitären Organisation der Vereinten Nationen sind die Bedingungen dort jetzt apokalyptisch.

Kein Kind hat uneingeschränkten Zugang zu Pflege, Nahrung oder Wasser. Es droht eine Hungersnot. Und weil die Kanalisation nicht mehr funktioniert, brechen massenhaft Krankheiten aus.

In der jüngeren Kriegsgeschichte hat es selten ein so intensives und massives Abschlachten von Zivilisten und Kindern gegeben wie in Gaza

Die Bewohner des Gazastreifens werden nun aufgefordert, nach Rafah zu gehen, dem südlichsten Punkt des Gazastreifens, wo sich auch der Grenzposten zu Ägypten befindet.

Offiziell ist es Israels Ziel, die Hamas zu eliminieren. Aber die Brutalität und Rücksichtslosigkeit, mit der die israelische Armee wütet, verrät, dass dies ein Vorwand für ein anderes, furchtbares Ziel ist: die vollständige Vertreibung der Bevölkerung aus Palästina, beginnend mit Gaza.

Laut dem jüdischen Philosophen Moshé Machover existiert dieser Plan schon lange: «Was wir eigentlich erwarten, ist der Moment, in dem sie dauerhaft in die Nachbarländer vertrieben werden können. Das wird nur in einem ausgewachsenen Krieg möglich sein, und ich fürchte, Israel ist bereit, diesen zu provozieren.»

Neuer, modifizierter Abschiebungsplan

Israel will das Niveau der Unmenschlichkeit so weit erhöhen, dass die Bewohner von Gaza irgendwann keine andere Wahl mehr haben, als zu gehen. Das scheint der verdeckte Plan zu sein, obwohl dieser Plan immer weniger verborgen wird.

Ende Oktober war bereits ein Plan durchgesickert, der vom israelischen Geheimdienstministerium kam. Dieser Plan sah eine endgültige Deportation der Bevölkerung des Gazastreifens in die Sinai-Wüste in Ägypten vor. Das stiess auf ein Njet aus Kairo.

Israel will den Grad der Unmenschlichkeit erhöhen, damit die Bewohner von Gaza irgendwann keine andere Wahl haben, als zu gehen

Aber Israel hat die feste Absicht, diese gross angelegte ethnische Säuberung fortzusetzen. In einem kürzlich erschienenen Meinungsartikel im Wall Street Journal forderten zwei israelische Knesset-Mitglieder die westlichen Länder auf, palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen. Geheimdienstministerin Gila Gamliel schrieb einen ähnlichen Kommentar in der Jerusalem Post, in dem sie die «freiwillige Umsiedlung» von Palästinensern in Gaza in andere Länder auf der ganzen Welt befürwortete.

Landwirtschaftsminister Avi Dichter zögert nicht, den aktuellen Krieg als eine neue «Nakba» zu bezeichnen, anspielend auf die Massendeportation von Palästinensern bei der Gründung des jüdischen Staates 1948.

«Wir rollen jetzt die Gaza-Nakba aus. Aus operativer Sicht gibt es keine Möglichkeit, einen Krieg zu führen – wie es die IDF in Gaza versucht – mit Massen zwischen den Panzern und den Soldaten. ( … ) Gaza Nakba 2023. So wird es enden.”

Und es hört nicht bei Worten auf. Nun ist ein neuer gemeinsamer Plan der USA und Israels aufgetaucht, in dem sie die Bevölkerung des Gazastreifens in vier Länder abschieben wollen: die Türkei, Ägypten, den Irak und den Jemen. In diesem neuen Plan sollte nun Ägypten die Last nicht mehr allein tragen.

Die Zahlen nach Ländern sind ebenfalls bereits bekannt: Eine Million Palästinenser würden nach Ägypten deportiert, eine halbe Million in die Türkei, 250 000 in den Irak und weitere 250 000 in den Jemen.

Die vier betroffenen Staaten sind Empfänger umfangreicher finanzieller Unterstützung aus Washington. Der Plan besagt nun, dass diese Unterstützung inskünftig an die Bereitschaft geknüpft werden soll, die Bewohner des Gazastreifens aufzunehmen. Mit anderen Worten, die vier Länder werden finanziell und vielleicht diplomatisch erpresst, die Gazarouï «aufzunehmen».

Das Schlüsselland ist Ägypten, das seine Grenze öffnen muss. Joe Wilson, ehemaliger republikanischer Abgeordneter und einer der Initiatoren dieses Plans, ist sich darüber sehr im Klaren. Ihm zufolge «besteht der einzige moralische Weg [zur Lösung des Gaza-Problems] darin, Ägypten dazu zu bringen, seine Grenzen zu öffnen».

«Israel versucht, die Zahl der zivilen Opfer im Gazastreifen so gering wie möglich zu halten, aber die Hamas lässt die Flüchtlinge nicht gehen und Ägypten ist nicht bereit, seine Grenzen zu öffnen,» schreiben die Autoren des Plans im ersten Absatz. Inzwischen werden jede Stunde sechs Kinder massakriert …

Für die geplante Bevölkerungsdeportation verweist der Plan auf andere aktuelle Konfliktherde. «Es wäre nicht das erste Mal, dass andere Länder Flüchtlinge aufgenommen haben,» heisst es in dem Plan. Hier verweisen die Autoren auf die sechs Millionen Ukrainer, die aus dem Land unter anderem nach Polen, Deutschland und in die Tschechische Republik geflohen sind. Fast fünf Millionen Syrer sind auch in die Türkei, den Libanon und Jordanien «umgezogen», während andere Länder des Nahen Ostens und Europas Hunderttausende von Syrern aufgenommen haben.

Die geplante gross angelegte ethnische Säuberung wird zynischerweise als «moralischer und humanitärer» Hilfsplan dargestellt

Der Plan wurde Schlüsselfiguren im US-Repräsentantenhaus und im Kongress vorgestellt und kann sowohl auf die Unterstützung von Demokraten als auch von Republikanern zählen. Die geplante gross angelegte ethnische Säuberung wird zynischerweise als «moralischer und humanitärer» Hilfsplan dargestellt: «Die Nachbargrenzen sind zu lange geschlossen gewesen, aber es ist jetzt klar, dass Israel die internationale Gemeinschaft ermutigen muss, die richtigen, moralischen und humanen Wege für die Neuansiedlung (sic!) der Menschen aus Gaza zu finden, um sie von der tyrannischen Unterdrückung der Hamas zu befreien und ihnen ein Leben ohne Krieg und Blutvergiessen zu ermöglichen.»

Ein wahrhaft peinliches Stück Neusprech!

Der Plan richtet sich auch gegen das UNRWA, das UN-Flüchtlingshilfswerk, dessen Aufgabe die Hilfe und Entwicklung für die palästinensischen Flüchtlinge im Nahen Osten ist.

Die Agentur wird beschuldigt, «das Flüchtlingsnarrativ zu fördern» sowie «die Rehabilitierung der palästinensischen Flüchtlinge seit mehr als 70 Jahren zu verzögern und die Flüchtlingskrise sogar noch zu verschärfen». Deshalb wollen sie, dass die Agentur geschlossen wird.

Wir könnten am Rande einer Massendeportation von Palästinensern stehen, einer zweiten Nakba. Wenn die westlichen Länder ein bisschen Glaubwürdigkeit bewahren wollen, müssen sie sofort zur Sache kommen.

Sie müssen dringend wirtschaftliche und diplomatische Sanktionen gegen Israel verhängen und auch den Sicherheitsrat einberufen, um den finsteren Plan der USA und Israels zu verurteilen und zu vereiteln. Wenn nicht, machen sie sich mitschuldig an dieser angekündigten humanitären Katastrophe.

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Quellen:

→ Senior US lawmakers review plan linking Gaza refugee resettlement to US aid to Arab countries

→ US lawmakers review plan linking Gaza refugee resettlement to American aid to Arab countries

→ US Congress is reviewing a plan to facilitate an ethnic cleansing of Palestinians in Gaza

→ Israel and America’s plan to move the people of Gaza to Iraq, Egypt, Turkey and Yemen