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«Sandino», eine erfolgreiche Landwirtschaftskooperative

Von der Kuba-Delegation der PdAS

Eine der ersten Massnahmen der siegreichen kubanischen Revolution war die erste Agrarreform. Dieses Gesetz schrieb die Enteignung von Grossgrundbesitzern mit Besitz über 400 Hektar fest, aber auch, dass die ehemaligen Besitzer mit zeitlich verschobenen, vernünftigen und realisierbaren Zahlungen zu entschädigen wären. Seit 1975 wird verstärkt auf (freiwillige) Kollektivierung der einzelnen Landwirtschaftsunternehmen orientiert.

Die Landwirtschaft ist laut Kubas Regierung eins der drei derzeitigen Hauptprobleme der Insel, neben der Energieversorgung und dem Transportwesen. Die Produktivität ist häufig nicht auf dem erforderlichen Stand und auch der Nachwuchs fehlt. «An 300 Tagen im Jahr arbeiten wir etwa 9Â Stunden/Tag» sagt uns der Leiter. Zu wenige wollen diese harte körperliche Arbeit leisten, wenn sie sich statt dessen weiter bilden können, leichter arbeiten oder… Um einige Folgen des Arbeitskräftemangels abzufedern, kommen Schulklassen und Brigaden von Studierenden zum Ernteeinsatz. «Sie erwerben neue Fähigkeiten und helfen solidarisch der Kooperative und somit letztlich auch sich selbst.» Es gibt zwei Modelle: Die Institution befindet sich in der Nähe eines landwirtschaftlichen Betriebs und kann somit kontinuierlich helfen oder, wenn die Entfernung grösser ist, kommt sie für Einsätze von insgesamt 45 Tagen. Heute hat die Kooperative daher die Ankunft einer Studierendengruppe zu bewältigen, die bei der Kartoffelernte helfen wird. Ihnen muss alles erklärt werden; es steht viel Aufregung und Arbeit an. Nebenbei wollen auch noch wir BesucherInnen mit Informationen versorgt werden.

Drei verschiedenen Typen von Kooperativen existieren heute in Kuba: Entweder bleibt das Land in privatem Eigentum oder es wird Gemeineigentum oder es wird zu staatlichem Eigentum und die Arbeit wird durch ein Kollektiv geleistet. In der von uns besuchten Kooperative haben sich 19 Bauern Anfang der 1980er entschieden, ihre 61 Hektar zusammenzulegen. Dies auch, weil die Maschinen, die sie aus den sozialistischen Ländern bekommen hatten, geeignet waren, viel grössere Felder zu bearbeiten, als die kleinen, die sie beackerten. Andere Menschen wurden im Laufe der Jahre überzeugt und brachten entweder ihren Besitz mit (der Gegenwert wird ausbezahlt) oder ihr Wissen. Heute gehören zur Kooperative «Sandino» 182 Aktive und mehr als 650 Hektar.

Erzeugt werden unter anderem vom Staat subventionierte Produkte, z.B. Kartoffeln, die direkt an die Märkte geliefert und – da subventioniert – zu niedrigsten Preisen verkauft werden. Der Rest wird in der Kooperative selbst verbraucht oder gelangt auf den freien Markt. Neben den ArbeiterInnen und ihren Familien werden auch der Arzt und die örtliche Krankenschwester mit Warenlieferungen unterstützt. Des Weiteren hat die Kooperative Patenschaften übernommen, z.B. für ein Kind, das am Herzen operiert wurde. Ihm werden regelmässig «Zusatzlebensmittel» geliefert. Zusätzlich zu dem, was es durch den Staat bekommt.

«Sandino» arbeitet rentabel, 70% des Gewinns gehen direkt an die EigentümerInnen. Mit den restlichen 30% wurden Fonds eingerichtet, die der Entwicklung der Kooperative und/oder dem Allgemeinwohl dienen, der Kultur, dem Sport,… Zwei Busse, die die Kinder zur Schule bringen, wurden u.a. angeschafft. Die Ziele der Kooperative sind 1. landwirtschaftlich zu produzieren, 2. dies effizient zu tun und 3. in allen Bereichen die Lebensqualität der TeilhaberInnen und anschliessend der Kommune zu steigern.

Diese Ziele zu verwirklichen ist nicht einfach; es mangelt an allem. Da sich der Klimawandel in Kuba bemerkbar macht und es im Jahresschnitt immer trockener wird, müssen z.B. die Felder bewässert werden. Zu wenige Pumpen gab es, die wurden zudem mit Diesel betrieben. Das war teuer. In Zusammenarbeit mit dem zuständigen Ministerium konnte hier investiert werden. Jetzt sind elektrische Pumpen in Betrieb, die nachts genutzt werden, um den Verbrauch günstig zu gestalten.

Oder auch der Dünger, die Pestizide: Früher kamen sie aus den anderen sozialistischen Ländern. Seit 1990 gab es fast nichts mehr. Die Schädlinge waren aber immer noch da und die landwirtschaftliche Produktivität sank stark. Diese Situation erforderte stärkere Kreativität, «sustitucion o muerte» wurde der berühmte Spruch abgewandelt. Zur Kooperative stiess ein Biophysiker, der ein Labor aufbaute, in dem heute Unkrautvernichtungsmittel auf pflanzlicher und tierischer Basis selbst entwickelt werden. Die erforderlichen Bakterien und Pilze werden im Labor der Kooperative erzeugt. Bislang hat die Produktion für den Eigenverbrauch ausgereicht. Jetzt wird sie ausgebaut. «Dienstleister für andere Bauern» werden, ist das Ziel des Laborleiters, «denn der Einsatz biologischer Pestizide erfordert mehr Wissen». Wenn sie zum falschen Zeitpunkt angewendet werden, sind sie meist nutzlos, was dann die Bauern frustriert und ihre Bereitschaft diese Produkte zu verwenden, senkt. So sollen nicht nur die Produkte verkauft, sondern auch ihre Anwendung betreut werden.

Kurz diskutieren wir noch über Gentechnik in der Landwirtschaft. Eigentlich ist der Laborleiter dagegen, «aber», sagt er, «wenn Menschen verhungern oder durch den Einsatz von Gentechnik ernährt werden können, was dann? Kommt es nicht drauf an, wer es wie einsetzt?» Die Zeit reicht nicht, um weiter zu diskutieren, auch wenn wir gerne würden… Eine Erfahrung, die wir immer wieder machten. Gute Diskussionen, spannende haben wir geführt, aber die Zeit reichte nie, da hilft nur eins – wir müssen wiederkommen.