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Fidel? José! Yo soy un hombre sincero…

Im März hatte eine PdAS Delegation Gelegenheit Kuba zu besuchen. Für alle Teilnehmenden war es der erste Besuch auf der sozialistischen Insel. Der Vorwärts wird in den folgenden Ausgaben einige ihrer Reiseberichte veröffentlichen.

Immer, wenn es um Kuba geht, geht es auch um ihn, den 80-jährigen «comandante en jefe», der bereits die Revolutionsbewegung angeführt und in Kubas Bergen gekämpft hat. Seit über einem halben Jahr führt der kranke Fidel Castro die Staatsgeschäfte nicht mehr selber. Doch trotz der Freudenfeiern der ExilkubanerInnen und entgegen den Hoffnungen etlicher Regierungen ist sonst nichts passiert. Das Leben geht seinen Gang in Kuba. Castro ist auf dem Weg der Besserung. Obgleich das die meisten KubanerInnen immens freut, er wird nicht ewig leben, das ist spätestens jetzt allen klar.

Doch wer nun in Kuba überall Hommagen an Fidel Castro erwartet, liegt gründlich daneben. Ab und an gibt es ein Bild, meist versehen mit einem Zitat. Castro Zitate begegnen uns aber vor allem in vielen Gesprächen, offiziellen, wie auf der Strasse. Castro hat Konkurrenz, der Mann, der weit präsenter war als er, uns überall begegnete, in den vielfältigsten Formen, der in Kuba am meisten verehrt wird, heisst eindeutig José Martí.

José Martí? Wir kannten ihn vor allem als Dichter von «Guantanamera», aber sonst?

Unser erster Besuchstermin galt dem Martí Memorial in Havanna, denn für die KubanerInnen ist er DER kubanische Nationalheld und Symbol für den Unabhängigkeitskampf des Landes. Mit vollem Namen hiess er José Julián Martí y Pérez und wurde am 28. Januar 1853 in Havanna geboren. Sein Memorial steht auf dem höchsten Punkt Havannas, dem grossflächigen Platz der Revolution, umgeben von Ministerien und dem Gebäude des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas.

Die Gedenkstätte wurde allerdings bereits vor der Revolution errichtet und so ist sie mit Marmor, venezianischer Keramik und Gold prunkvoll verziert. Der hohe fünfzackige Obelisk des Memorials beispielsweise ist komplett mit Marmor verkleidet. Auch Batista und Co. wollten von der Verehrung des Volkes für den Freiheitskämpfer Martí profitieren. Zutritt aber hatte damals nicht jeder. Heute wird in den Zacken Martís Leben und Denken dargestellt, öffentlich. Wer war also dieser José Martí?

Seine Eltern waren beide spanischer Nationalität, der Vater im Militärdienst nach Kuba versetzt, die Mutter von den Kanaren. Er begann bereits als Jugendlicher, Gedichte zu schreiben und mit dem Widerstand gegen die spanische Kolonialherrschaft zu sympathisieren. Dafür wurde er 1871, noch nicht volljährig, in Ketten gelegt, zu Zwangsarbeit verurteilt und ins spanische Exil deportiert. In Saragossa studierte er u.a. Jura. Die entsprechenden Diplomurkunden konnte er jedoch nicht finanzieren, so dass er sich offiziell nicht mit den erworbenen Abschlüssen schmücken konnte. Neben dem Studium schrieb er Gedichte und verfasste Analysen der Situation Kubas als Kolonie, Plädoyers für die Unabhängigkeit. Über Guatemala und Mexiko kehrte er 1878 nach Kuba zurück, wurde aber bereits 1879 wieder ins Exil geschickt, nochmals Spanien. Er besuchte Frankreich, England und ging 1880 in die Vereinigten Staaten. Neben Übersetzungen bekannter Werke verfasste er in dieser Zeit mehrere Schriften und Gedichte, darunter den Gedichtband «versos sencillos» (einfache Verse), aus dem auch der Text von Guantanamera stammt.

Im Exil organisierte Martí aber auch den politischen und militärischen Kampf gegen die spanische Kolonialmacht. Zusammen mit den kubanischen Tabakarbeitern in Florida/USA gründete er 1892 die Partido Revolucionario Cubano (Kubanische Revolutionspartei) und brachte die wichtigsten militärischen Führer des Guerillakrieges von 1868 – 1878, Máximo Gómez und Antonio Maceo, dazu, den Kampf gegen Spanien wieder aufzunehmen.

1895 kehrte José Martí nach Kuba zurück, um am Unabhängigkeitskrieg teilzunehmen. Am 19. Mai dieses Jahres fiel er in den Kämpfen bei Dos Rios in der damaligen Provinz Oriente. Sein Grabmal befindet sich in Santiago de Cuba. Und heute?
Fidel Castro zitiert Martí, dessen Poesie, aber auch seine politischen Erkenntnisse, immer wieder. Laut Parteiprogramm wurzelt die Ideologie der kommunistischen Partei Kubas u.a. in den Werken von Marx, Lenin und auch von Martí. Eine Martí-Büste steht heute vor oder in jeder kubanischen Schule, vielen Parks und anderen wichtigen Orten. In der Nähe der Büste findet sich oft eine kubanische Flagge und so wird auch der morgens in den Schulen übliche Fahnengruss an seinem Denkmal durchgeführt. Die Erinnerung an ihn wird vielfältig vermittelt und wach gehalten. Doch nicht nur offiziell wird er gewürdigt: Die ungewöhnlichste Art ihn zu ehren ist uns sicher mit dem Bosque Martiano, einem ihm gewidmeten Wald begegnet, von dem wir noch berichten werden. Aber auch «im Kleinen» inspiriert Martí. In einer Kunstausbilderschule hatte sein Satz «Der ganze Ruhm der Welt liegt in einem Maiskorn» Schüler des 2. Jahres angeregt eine Skulptur von Martí zu schweissen, die sie uns gerne und ausführlich erläuterten.

Der Besuch des Memorials in Havanna brachte uns aber nicht nur Kubas Nationalhelden näher, sondern ermöglichte auch einen ersten Blick über die Stadt. Der 142 m hohe Turm des Monuments ist der höchste Punkt der Stadt und dient somit auch als Aussichtspunkt, mit verglasten Fenstern. Gross wirkt die Stadt mit ihren über zwei Millionen Einwohnern, weiträumig, da es nicht viele Hochhäuser gibt. Mal sehen was uns noch erwartet.


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