kommunisten.ch

kommunisten.ch

Erhöhung der Tabaksteuer – neuer Raubzug auf das Proletariat

Der Bundesrat hat die Tabaksteuer heraufgesetzt. Die beschlossene Erhöhung der Tabaksteuer um 30 Rappen pro Schachtel hebt den erst gerade um 20 Rappen gestiegenen Zigarettenpreis von heute 6.60 auf 6.90. Bei einem durchschnittlichen Konsum von einer Schachtel täglich laufen so im Jahr Kosten von rund 2’500 Franken zusammen. Finanzminister Couchepin hat angekündigt, dass er diese Kosten auf 10 Franken pro Schachtel hinauftreiben will. In diesem Fall würden die Jahreskosten im Beispiel auf Fr. 3652.50 anwachsen. Dabei sind die Behörden dazu eingesetzt worden, für Gesundheit und Wohlergehen der Bevölkerung zu sorgen und namentlich dem gesellschaftlichen Übel der Tabakabhängigkeit zu bekämpfen und dessen soziale Folgeschäden zu begrenzen, auch jenen Konzernen an den Karren zu fahren, die daraus ihre gigantischen Profite schlagen.

Dass er nicht im Trüben fische
Hat der Hinz den Kunz bedroht.
Doch zum Schluss, vereint am Tische
Essen sie des Armen Brot.
Brecht

Bundesrat Couchepin beruft sich nicht nur auf den Finanzbedarf des Staates, sondern schützt gesundheitspolitische Argumente vor und versucht die massive Erhöhung der Steuerbelastung der einkommensschwachen Bevölkerungsteile als menschenfreundliche Tat hinzustellen, welche auch der Sicherung der AHV dient. Die Verknüpfung von Alkohol- und Tabakbesteuerung mit der AHV-Finanzierung war von Anfang paradox. Diese gesetzgeberische Fehlleistung hat bei den Behörden historisch immer wieder die Tendenz gefördert, dem Wachstum von Suchtproblemen passiv gegenüberzustehen und auf das damit verbundene Wachstum des Steuervolumens zu setzen. Sehr deutlich entlarvt sich die Scheinheiligkeit der Bundesratspolitik anhand der Frage der Tabak- und Alkoholwerbung. In derselben Sitzung, in welcher der Bundesrat die Erhöhung der Tabaksteuer um 30 Rappen pro Schachtel beschlossen hat, wurde auch ein anderer Beschluss gefasst: Alkoholwerbung soll soll künftig auf allen Schweizer Fernsehsendern möglich sein. Dabei handelt es sich laut Presscommuniqué einmal mehr um eine der segensreichen “Öffnungen” des Landes gegenüber der EU und den internationalen Konzernen, in diesem Fall den Medienkonzernen. Damit wird das Problem genährt und als Jagdreservat für Industrie, Handel und Steuereintreiber gehegt.

Schon in den 70er Jahren hatte die sogenannte Guttempler-Initiative die Aufnahme eines Werbeverbots in die Bundesverfassung gefordert, mit folgendem Wortlaut: “Jede Reklame für Raucherwaren und alkoholische Getränke ist untersagt. Von diesem Verbot kann eine vom Bund zu bestimmende Behörde für ausländische Druckerzeugnisse, die in der Schweiz eine unbedeutende Verkaufsauflage erreichen, eine Ausnahmebewilligung erteilt werden.” Dieses Begehren wurde in der Volksabstimmung vom 18. Februar 1979 mit 1’115’116 (59%) Neinstimmen gegen 773’485 (41%) verworfen. Die sogenannten Zwillingsinitiativen erneuerten dieselben Forderungen, wobei die Materie in zwei separat abzustimmende Begehren (Alkohol und Tabak) zerlegt wurde. Zur Verminderung der Tabakprobleme war unter anderem vorgesehen: “Die Werbung für Tabakwaren und deren Marken ist untersagt, ebenso für Dienstleistungen und Güter, die in Wort, Bild oder Ton ihnen gleichen oder an sie erinnern. Die Bundesgesetzgebung kann in Sonderfällen beschränkte Ausnahmen gestatten.” Dieses Volksbegehren wurde am 28. November 1993 im Stimmenverhältnis 3:1 verworfen: 1’521’885 Nein gegen 521’433 Ja. Der Alkoholpart in dieser Zwillingsinitiative wurde gleich deutlich mit 1’527’165 (74.7%) Nein-Stimmen gegen 516’054 (25.3%) Ja-Stimmen abgelehnt. In beiden Abstimmungskämpfen konnten Industrie und Handel auf die Sympathien von Bundesrat und Parlament zählen, welche sich nie für ein flächendeckendes Werbeverbot durchringen konnten.

Die Behörden haben der Suchtmittelwerbung alle Einfallstore offen gehalten, und die Kinder und Jugendlichen schutzlos den systematischen Manipulationen der Werbebranche ausgesetzt, welche mit gewaltigem Aufwand an Geldmitteln betrieben werden und wissenschaftlich ausgeklügelte Methoden einsetzen. Diese Regierungspolitik ist mitverantwortlich für das heutige Volumen der Suchtprobleme. Jetzt will sie vom eigenen Misserfolg auch noch profitieren und höhere Steuern aus den Betroffenen pressen. Sie setzt auch ihre Politik der Begünstigung der Suchtmittelwerbung fort.

Indirekte Steuern belasten die unteren Einkommensschichten überproportional, ein Armer zahlt pro Zigarette dieselbe Steuer wie ein Reicher. Zudem ist das Proletariat aus naheliegenden Gründen die am meisten von Tabagismus befallene Klasse, allein wegen der Enge der proletarischen Wohnverhältnisse, aber auch Hauptzielgruppe und Hauptopfer der Tabakwerbung, gegen deren Einfluss es schon von Kindsbeinen an wehrlos gemacht wird. Proletarier haben die relativ ungünstigsten Erfolgschancen bzw. stossen auf die grössten Hindernisse bei Versuchen, von dieser Schwäche oder Krankheit loszukommen usw.

(27.11.08/mh)