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Zur Debatte über die Stellung der PdA zur EU-Linkspartei

An ihrem ausserordentlichen Kongress vom 6. Juni 2009 wird die Partei der Arbeit (PdA Schweiz) ihre Haltung zur kapitalistischen Integration Europas festlegen, nachdem sich der Parteitag 2009 für eine Berichtigung des seit 1991 gültigen Kurses ausgesprochen hat. Dem Sonderparteitag werden verschiedene Anträge betreffend die Frage der Mitgliedschaft der PdA in der supranationalen Partei der (selbsternannten) Europäischen Linken vorliegen. Diese Partei ist zu 100% auf die EU eingeschworen und von der EU konditioniert und hängt an deren Futterkrippen. Sie ist nicht nur objektiv ein Agent der EU, sondern auch in ihrem eigenen Selbstverständnis, wie das folgende Zitat des Vorsitzenden der European Left belegt:

«Die Europäische Union, die europäische Integration sind Dinge, die die Linke verteidigt. In der Europäischen Linkspartei wird das immer wieder betont.» (Lothar Bisky, 2009)

Innerhalb der European Left agieren?

Aus den Reihen der Tessiner Jungkommunisten liegt ein Entwurf vor, welcher einerseits den Wert einer Mitgliedschaft in der EU-Linkspartei längerfristig bezweifelt und kurzfristig verlangt, dass die PdA innerhalb dieser Organisation eine oppositionelle Rolle übernehmen soll, und dies zusammen mit anderen kritischen Parteien. Mit dem Rückzug (per 1. Mai) der Ungarischen Kommunistischen Arbeiterpartei aus diesem Gebilde wären das eine weniger, als die Autoren im April gedacht hatten. Die Tessiner:

Die Europäische Linkspartei (ELP) wurde 2004 aus der Taufe gehoben, und die Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) ist ihr beigetreten. Unserseits sind wir für eine stetige Instensivierung und verbesserte Koordination zwischen den kommunistischen Kräften Europas (und daher nicht bloss in der EU) und beurteilen die Beteiligung an den Initiativen der GUE/NGL (Vereinigte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke) als positiv. Dennoch halten wir unsere erheblichen Zweifel am Nutzen eines Verbleibs in der ELP aufrecht. Es bestehen auf diesem Gebiet zwei Aktionslinien: auf der einen Seite gibt es jene, die – im Bewusstsein, dass noch zahlreiche Unterschiede innerhalb der revolutionären Linken des Kontinents bestehen – eine aktive Zusammenarbeit unter konkreten Aspekten der kommunistischen und Arbeiterparteien Europas unter Respektierung der gegenseitigen Unabhängigkeit und Souveränität befürworten; und umgekehrt gibt solche, die darauf drängen, den global gegebenen Rahmen und dessen Unabänderlichkeit zu akzeptieren, und Kurs nehmen auf die Institutionalisierung der ELP mit vagem, nunmehr reformistischem und den Erfordernissen der EU botmässigem Inhalt.

Die PdAS muss sich daher als Oppositionspartei innerhalb der Europäischen Linkspartei zu erkennen geben: das heisst, dass die eigenen ELP-Delegierten sich an die Instruktionen der PdAS zu halten haben und in jeder Diskussion in der ELP die Linie der PdAS vertreten und ihrem Standpunkt vermehrt Nachachtung verschaffen müssen. Kurzum, die PdA darf sich nicht passiv an die reformistischen Vorgaben der ELP anpassen, vielmehr ist es an der PdAS – zusammen mit anderen kritischen Parteien – in vorderster Reihe eine aktivere Rolle zu spielen, damit die ELP einen ernsthaften marxistischen Kurs einschlägt. In der Zwischenzeit wird die PdAS eine Phase der Konsultation der Basis in Gang setzen, und den Mitgliedschaftstatus selbst einer Überprüfung zu unterziehen, der auf einen seinerzeit mit übermässiger Hast zustande gekommenen Beitrittsbeschluss zurückgeht.

Raus aus der EU-Linkspartei !

Auch Genossen aus anderen Regionen verlangen ausdrücklich, dass im Rahmen der vorgesehenen Debatte über die Europäische Union ebenfalls die Frage der Stellung zur EU-Linkpartei zur Diskussion gestellt wird. Ein Diskussionsbeitrag von Genfer Genossen schreibt dazu:

Ideologische Hochstapelei – Hochstapler ist, wer die anderen täuscht, um als etwas zu gelten, was er nicht ist. Die Europäische Linkspartei (ELP) ist eine juristische Person, welche die Ideale einer kommunistischen und revolutionären Partei usurpiert. Laut den politischen Thesen des 2. Kongresses der ELP haben die Entwicklungen «erneut zu der Frage geführt: Sozialismus oder Barbarei?». Das wird zur Kenntnis genommen, aber bei der Lektüre der 22 Seiten taucht das Wort «Sozialismus» nicht an einer einzigen anderen Stelle auf. Die Europäische Linkspartei fasst den Begriff des Sozialismus in einer einseitig historischen Bedeutung auf. Keiner ihrer Parteiführer hat den Mut, laut und deutlich auszusprechen, dass der Sozialismus aktuell das ist, was die Völker Europas und der Welt notwendig brauchen. Stattdessen musste man bei einer heute 138-jährigen Rosa Luxemburg fündig werden, um sich feig hinter ihrem Wort zu verstecken. Das Zitat der Genossin Luxemburg ist richtig, aber es muss vervollständigt werden durch Thesen, die für das 21. Jahrhundert erklären sollen, wie der Faschismus verhindert, und wie der Weg zum Sozialismus beschritten werden kann. Anstatt kommunistische Konzepte wieder zu aktualisieren, bemüht sich die ELP, solche zu leugnen und den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit als «veraltet» abzutun. Es gäbe demnach nichts Antiquierteres als den Klassenkampf oder die Diktatur des Proletariats – und nichts Moderneres als die «Schaffung von neuen politischen Kräften».

Verurteilung des Kommunismus durch Europa – Die ELP richtet ihren Ehrgeiz darauf, «die Idee einer linken Alternative zu lancieren». Nicht mehr und nicht weniger. Ob das genügen wird, um der Barbarei entgegen zu treten? Am 25. Januar 2006 verabschiedete die Parlamentarische Versammlung des Europarats mit 99 gegen 42 Stimmen und 12 Enthaltungen eine Motion von Göran Lindblad über die «Notwendigkeit einer internationalen Verurteilung der Verbrechen der totalitären kommunistischen Regimes», die sich auch gegen den Arbeiterkampf richtet, denn gemäss Artikel 3 der Motion wurden «die Verbrechen … mit der Theorie des Klassenkampfes und dem Prinzip der Diktatur des Proletariats gerechtfertigt.» Für die PCF ist «der Stalinismus eine furchtbare Perversion eines kommunistischen Ideals». Und für Göran Lindblad ist «die Ideologie des Kommunismus an und für sich pervers». Offensichtlich liegt das wirklich Perverse, wie die PCF in ihrer Erklärung übrigens hervorhebt, in der Gleichsetzung von Kommunismus und Nazismus. Was daher zur Beunruhigung Anlass gibt, ist die Tatsache, dass die Analyse des PCF über die Anwendung des Sozialismus in der UdSSR befremdlich derjenigen von Lindblad uns seiner negationistischen Freunde ähnlich sieht.

Das Genfer Papier setzt sich auch mit den Parteien und Figuren der European Left auseinander und stellt deren “Politische Thesen” der Praxis gegenüber:

Die ELP wendet sich «scharf gegen jegliche militärische Lösung des Nuklearstreits mit dem Iran.» Aber «die Europäische Linke zeigt sich auch «besorgt über die derzeitigen Versuche der herrschenden Kreise Irans zur Unterdrückung von Kräften, die sich für die Demokratisierung der iranischen Gesellschaft einsetzen.» Ihre Haltung besteht in der Verurteilung der imperialistischen Absichten, bei gleichzeitiger Übernahme der Argumente der Kriegsführenden; dieses «ja aber» ist eine inkohärente Haltung gegenüber der Selbstbestimmung der Völker und dem Kampf um die Erhaltung des Friedens.
«Die Europäische Union hat eine besondere Verpflichtung, zum Frieden auf dem Kontinent beizutragen. Das muss aktive Schritte zur Überwindung der Folgen der Kriege in Ex-Jugoslawien einschlieÖen, der ersten Kriege in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg, wo europäische Staaten beteiligt waren. Die gegenwärtige Entwicklung um Kosovo hängt mit der verfehlten Politik der Europäischen Union gegenüber Ex-Jugoslawien zusammen. Wir lehnen jegliche einseitigen Verhandlungen über den künftigen Status Kosovos ab.» (Politische Thesen ELP) In der Stunde der Wahrheit, wenn es notwendig wird, dass sich die Kommunisten dem Krieg energisch widersetzen, wird dann die europäische Linke handeln, wie sie es bei den Bombardierungen Jugoslawiens vormachte?
Oskar Lafontaine erklärte 1999: «Es ist überhaupt kein Zweifel, daÖ Milosevic eine verbrecherische Politik verfolgt, die verurteilt werden muss. Und es ist kein Zweifel, daÖ alles versucht werden muss, diese verbrecherische Politik zu stoppen, ihr Einhalt zu gebieten. Und es ist anerkennenswert, daÖ die westliche Staatengemeinschaft das versucht, daÖ sie sich engagiert, und dennoch sind wir verpflichtet, kritisch zu überlegen, ob die bisherige Entscheidung richtig war.» Diese Analyse ist eine Beglaubigung der imperialistischen Propaganda der USA und der NATO, welche ihre Fresslust als humanitäre Tat hinzustellen versuchen. «Man sollte gegenüber dem amerikanischen Bündnispartner deutlich machen, daÖ das Zur-Seite-Schieben der UNO ein Fehler ist.»
Trotzdem hat Lafontaine schliesslich dem Krieg «als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zugestimmt, weil es nicht verantwortbar gewesen wäre, nach all den Vorbereitungen und nach all dem, was vorher von den Regierungen Europas und den Vereinigten Staaten auf den Weg gebracht worden ist, innerhalb weniger Tage zu stoppen oder gar zu verändern.» Er erklärt dies mit seiner Auffassung, «daÖ die jetzige militärische Vorgehensweise überhaupt nur begründbar ist, wenn man darauf setzte, daÖ nach militärischen Angriffen es wie vor einigen Jahren zu einer Unterschrift von Milosevic kommen würde und daÖ diese Unterschrift dann die Kriegshandlungen beenden wird.» Endlich begrüsst der derzeitige Parteiführer von “Die Linke”, «daÖ der Bundeskanzler einen Marshallplan ins Gespräch gebracht hat, daÖ jetzt darüber gesprochen wird, wie das Zerstörte wieder aufgebaut werden kann.» Welche Glaubwürdigkeit kann man den Erklärungen der ELP beimessen, wenn man die Haltung eines ihrer wichtigsten Parteiführer gegenüber Jugoslawien studiert?

Die Genfer Autoren sehen in der ELP eine Partei …

“… ohne Inhalt und ohne ideologische Reflexion, unfähig zum festen Widerstand gegen Krieg und Lissabon-Vertrag, die sich offen als Spalterin der europäischen kommunistischen Bewegung betätigt.”

(09.05.2009/mh)

 
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