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Kurz zu Samuel Henzi (1749 hingerichtet)


Nach der Handfeste von 1218 sollte die höchste Gewalt in der Stadt Bern bei allen Bürgern liegen. Nicht selten wählte die jährliche Bürgerversammlung ihre Vorgesetzten aus Männern des verburgrechteten und in die Stadt gezogenen Adels. Mit der Zeit verewigten sich gewisse Geschlechter auf den Sesseln des Grossen Rates. Mehrere Ansätze zur Schaffung einer Zunftverfassung bzw. zur Verhinderung einer Aristokratisierung scheiterten oder hatten ihr Bewenden mit einer Blutauffrischung der Aristokratie um einzelne bürgerliche Geschlechter mit führendem Einfluss in den Zünften.

Seit 1531 erliess der Grosse Rat die Gesetze ohne die Zustimmung der städtischen Bürgerschaft, und als es darum ging, einen Krieg gegen Savoyen anzuheben, fand 1536 die allerletzte Konsultation der Bürgerschaft statt.

Die regierenden Geschlechter gebrauchten ihre obrigkeitliche Gewalt, um Forderungen nach Wiederherstellung der althergebrachten Rechte mit Repression zu begegnen. Im Jahre 1710 erinnerten mehrere Bürger in einer Eingabe an den Grossen Rat an das geschriebene Recht. Sie wurden in den Kerker geworfen oder verbannt. Ebenso ging es den 24 Unterzeichnern einer ehrerbietigen Eingabe von 1744, welche den Vorschlag eingereicht hatten, dass die Besetzung des Grossen Rates durch Losziehung bestimmt werden sollte. Darunter war auch Hauptmann Samuel Henzi. Aus der Verbannung, die er im Neuenburgischen zubrachte, zurückgekehrt, wurde er zum führenden Kopf einer Bürgerverschwörung. In einer Flugschrift der Henzi-Gruppe lesen wir:

«Man muss den Degen in der Faust und nicht die Feder in der Hand haben, wenn man das verlorene Kränzlein der Freiheit wieder erobern will.»1

Der Haudegen liess sich aber schliesslich von einem Mann “der Feder” übertölpeln. Er war so unvorsichtig, einen Geistlichen in die Umsturzpläne einzuweihen, der die Sache dann prompt verriet. Die Regierung reagierte blitzschnell. Sie holte einige Hundert zuverlässige Landtruppen und verstärkte die Wachmannschaften an den Stadttoren, um sich so gut wie möglich gegen die eigene Bürgerschaft, oder gegen bäuerliche Verstärkungen aus dem Land abzusichern. Henzi und Dutzende von Mitverschworenen wurde gefangen gesetzt und schwer gefoltert. Damit man ihr Schmerzensgeschrei nicht hören konnte, wurden während der Peinigungen vor dem Gefängnis die Trommeln gerührt.2

Schon nach wenigen Tagen wurden die Gefangenen Henzi, Fueter und Wernier und einige der Geflohenen zum Tode verurteilt. Am 16. Heumond 1749 empfing Henzi den Schwertstreich des Scharfrichters furchtlos und ohne Zagen, während seine Kumpanen um Gnade winselten. Henzis Witwe mit zwei Knaben verliess die Eidgenossenschaft. Stadt und Land erhielten Kunde vom Fluchwort gegen die Obrigkeit, das sie kämpferische Trauernde beim Besteigen des Schiffes ausrief:

«Wüsste ich, dass diese Kinder nicht das Blut ihres enthaupteten Vaters rächen würden, möchte ich sie lieber jetzt in diesen Wellen verderben sehen.»3

Die zunächst auf Terror gestimmten gnädigen Herren kamen bald zur besseren Besinnung und stellten Begnadigungen in Aussicht. Denn die Bürgerschaft murrte vernehmbar, und bezeugte ihre Solidarität mit der Henzipartei auch materiell, wie der grosse Erfolg einer Geldsammlung für die Geflüchteten zeigte.

(mh/30.06.2009)

Fussnoten:

1 zitiert nach Heinrich Zschokke, Des Schweizerlands Geschichten für das Schweizervolk‎, 1823, Seite 257

2 Johann Conrad Voegelin, Heinrich Escher: Geschichte der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 1838, Seite 313

3 nach Zschokke, a.a.O., Seite 258


Siehe auch:

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