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Mehr als 200 Teilnehmer zählte die Konferenz des Belgrad-Forums zum Jahrestag des Nato-Angriffs.

Not to forget! 25 Jahre seit der Nato-Aggression gegen Jugoslawien

Vor einem Vierteljahrhundert haben die 19 reichsten Nationen das Schwellenland Jugoslawien während 78 Tagen ungerechtfertigt einem Bombenterror ausgesetzt. Etwa 3000 Zivilisten sowie 1139 Soldaten und Polizisten verloren im Krieg direkt ihr Leben, 10 000 Menschen wurden verletzt. Die Nato-Aggressoren zerstörten systematisch zivile Infrastruktur und setzten Geschosse mit abgereichertem Uran ein – mit schwerwiegenden Folgen für die serbische Bevölkerung. Unter dem Slogan «Not to forget!» organisierte das Belgrad-Forum für eine Welt der Gleichheit am 22. und 23. März eine Konferenz zum Jahrestag des Nato-Angriffs. Mehr als 250 Gäste aus aller Welt konnten vom Präsidenten des Forums, Živadin Jovanović, zur Konferenz begrüsst werden. Sie legten im Rahmen des Kongessthemas «Von der Aggression zur neuen gerechten Weltordnung» ihre Stellungnahmen und Solidaritätsbekundungen dar, meist auch mit Bezug zu ihrem Herkunftsland. So ging ein Beitrag am Beispiel der Schweiz auf die Pressionen ein, denen neutrale Kleinstaaten von Seiten der Nato und der EU verstärkt ausgesetzt sind und die sie immer mehr ihrer Souveränität berauben. Die Arbeit der beiden Kongresstage wurde in einer Resolution zusammengefasst. Im Anschluss an den Kongress erfolgten Kranzniederlegungen für die Opfer der Nato-Aggression an mehreren Orten der serbischen Metropole.

Im politischen Bewusstsein der serbischen Bevölkerung ist der ungerechte Krieg, den die Nato-Staaten vor 25 Jahren gegen Jugoslawien geführt hatten, allgegenwärtig. Kein Taxi-Chauffeur, von dem man sich an eines der Mahn-Monumente an den Krieg fahren lässt, verzichtet darauf, mit Kommentaren seine persönliche Betroffenheit ob des Kriegsverbrechens der Nato zu zeigen. Ein Kriegsverbrechen, das bislang weder gesühnt noch von den Verursachern wieder gutgemacht wurde.

Serbien leidet noch heute an den Folgen des Nato-Angriffs

89 Kinder wurden 1999 Opfer der Nato-Bomben. Ihnen ist im Tašmajdan-Park ein besonderes Mahnmal gewidmet.

Die Nato bombardierte nicht nur systematisch zivile Infrastruktur wie Eisenbahnen, Strassen, Brücken, Flughäfen, Energiesysteme, Wohnhäuser, Industrieanlagen,. Schulen, Spitäler und Kindergärten, die wenn nicht zerstört gravierend beschädigt wurden. Dafür allein wurde ein Schaden von etwa 100 Milliarden US-Dollar festgestellt. Noch gravierender sind jedoch die Folgen des Einsatzes von Munition mit abgereichertem Uran durch die Nato. Nach Angaben der serbischen Gesundheitsministerin Danica Grujičić ist aufgrund der im Krieg durch die Nato verwendete toxische Nato-Munition die Zahl der Krebspatienten in Serbien von 19 000 im Jahr 1999 aufg 40 000 angestiegen. Wie die Ministerin weiter gegenüber RT erklärte, hat die Erkrankung in den ersten 10 Nachkriegsjahrenden Tod von 10 000 bis 18 000 Menschen gefordert. Weitere Indikatoren wie Zunahme der männlichen Unfruchtbarkeit, Autoimmunkrankheiten und Anomalien bei Neugeborenen werden auf die Folgen der Nato-Kriegsverbrechen zurückgeführt.

Die verschleierten Kriegsziele der Nato

Die in der Regel von westlichen Mainstream-Medien verwendete Bezeichnung «Kosovo-Krieg» wird dem Nato-Krieg in keiner Weise gerecht. Der Begriff referenziert auf das fingierte «Massaker von Račak» sowie die westliche Propaganda-Kreation Hufeisenplan, die der Nato als Vorwand für den Angriff auf die Bundesrepublik Jugoslawien dienten. Es ging den Nato-Mächten nicht um den Schutz der kosovarischen Bevölkerung vor angeblichen ethnischen Säuberungen. In der an der Belgrader Konferenz verabschiedeten Resolution werden die wahren geopolitischen Ziele der Nato benannt:
  • Heraus­lösung der autonomen Provinz Kosovo und Metochien aus Serbien und vollständige Kontrolle über den Balkan;
  • Stationierung der US-Truppen auf dem Balkan im Sinne der Strategie der Osterwei­terung;
  • Schaffung eines Präzedenzfalls für spätere Interventionen unter Verletzung des Völker­rechts und der Unverletzlichkeit des UN-Sicherheitsrates;
  • Rechtfertigung der Existenz der NATO und ihres Handelns über das in ihrer Gründungsakte von 1949 definierte Gebiet hinaus.

«Die NATO-Aggression verkörperte die Aufhebung der Rechtsordnung von Frieden und Sicherheit in Europa und der Welt, die auf dem Ergebnis des Zweiten Weltkriegs beruht,» wird in der Resolution weiter festgestellt. Der Balkan ist heute «insta­biler, Europa, sich mit gefährlicher Perspektive militarisierend, ohne Autonomie, Identität und Vision». Es wird denn auch betont, dass «die NATO und ihre Mitgliedstaaten, die an dem illegalen Angriffsakt beteiligt sind, verpflichtet sind, Serbien für die von ihnen verursachten Kriegsschäden zu entschädigen». Die Verbrechen aufgrund Nichteinhaltung kriegsbezogener Konventionen sollen verfolgt und sanktioniert werden.

Der zukünftige Status der serbischen Provinz Kosovo und Metochien darf – so sieht es die einstimmig verabschiedete Resolution der Belgrader Konferenz – «nur in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und insbesondere mit der Resolution 1244 des UN-Sicher­heitsrates vom 10. Juni 1999, die ein dauerhaftes, rechtsverbindliches Dokument ist, gelöst werden kann». Alle Bestimmungen der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates müssen «uneinge­schränkt eingehalten und umgesetzt» werden. Einseitige Schritte, die darauf abzielen, die Beschlagnahme von Staatsgebiet zu legali­sieren und die ethnische Säuberung der verbleibenden serbischen Bevölkerung werden denn auch verurteilt.

Die Welt am Abgrund

Memorial aller Opfer der Nato-Aggression.

Die Konferenz sprach sich gegen die unipolare Weltordnung, die auf der Strategie des Hegemonismus und der Welt­herr­schaft mit der NATO als militärischem Fundament beruht, aus. Besorgt wurde denn auch festgestellt, dass Europa gegenwärtig eine weitaus größere Anzahl ausländischer Militärstützpunkte und Lagerbestände an Atomwaffen beherbergt als es zur Zeit der bipolaren Welt und der Ära des Kalten Krieges der Fall war. Beschleunigte Eskalation von Feindseligkeiten und Kon­flikten in den globalen Beziehungen sowie anhaltenden Provo­ka­tionen mehren die drohende Gefahr eines globalen Konflikts: «Die Welt sitzt am Rande des Abgrunds». Die Menschheit werde entweder die zügellose Aggressivität der entfremdeten Macht­zentren zurückhalten oder in diesen Abgrund fallen. Daher müssten ausländische Militärlager zu geschlossen und taktische Atom­waffen der USA aus Europa abgezogen werden. Die Politik der Konfrontation, des Interventionismus und der Einmischung in innere Angelegenheiten muss dem Dialog, der Partnerschaft, der Achtung der grundlegenden Normen des Völkerrechts und der multipo­laren Weltordnung weichen. Daher unterstützt die Konferenz den Prozess der Multipolarisierung der globalen Beziehungen und ihrer Demokra­tisierung auf der Grundlage der souveränen Gleichheit aller Staaten und Völker.

Solidarität mit dem palästinensischen Volk und Kuba

Die Konferenz nahm auch Stellung zu aktuellen Brennpunkten. Die massenhafte Tötung am unschuldigen palästinensischen Volkes, insbesondere von Kindern, und «fordern einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen und in anderen vom palästi­nen­sischen Volk bewohnten Gebieten». Eine Zweistaatenlösung, die freie und sichere Rückkehr aller Vertriebenen, die Ab­schaf­fung der Besatzung und die Errichtung eines palästinensischen Staates innerhalb der Grenzen vor dem 4. Juni 1967 mit Ostjerusalem als Hauptstadt, also alles in Übereinstimmung mit den Resolu­tionen der Vereinten Nationen, wird von der Konferenz unterstützt. Sie drückte ausserdem ihre Solidarität mit dem kubanischen Volk aus, das seit vielen Jahren unter den ver­hee­renden Folgen des einseitigen US-Embargos leidet. Das kubanische Volk habe ein unveräußerliches Recht, die Wege der inneren Entwicklung ohne Einmischung von außen selbst zu wählen. Die Ukraine-Krise betrachtet die Konferenz als logische Folge der NATO-Strategie der Osterwei­te­rung ist. Eine friedliche Lösung ist möglich, wenn die Ursachen erkannt und besei­tigt werden und allen Ländern gleiche Sicherheit garantiert wird. Die gemeinsame Zukunft der Mensch­heit ist nicht mit dem Egoismus der goldenen Mil­liarde vereinbar.

Friedensbewegung weltweit war vertreten

Die Teilnehmer der Konferenz des Belgrader Forums kamen aus allen Kontinenten angereist. Zumeist handelte es sich um Aktivistinnen und Aktivisten der nationalen Friedensräte und anderer Organisationen der Friedensarbeit. Eine ansehnliche Delegation wurde von der Chinesischen Volksvereinigung für Frieden und Abrüstung entsandt, deren Sprecher Tao Tao über «Die Geschichte als Lektion für den gemeinsamen Aufbau einer Gemeinschaft für eine sichere Zukunft der Menschheit» sprach. Aus aktuellem Hintergrund mit starkem Beifall versehen wurden die Beiträge von Aqel Taqz, Koordinator des Palästinensischen Friedens- und Solidaritätsrates sowie Fernando Gonzáles Lort vom Kubanischen Institut für Völkerfreundschaft (ICAP). Insgesamt wandten sich über 60 Teilnehmer an die Anwesenden. Ausgehend von der Nato-Aggression gegen Jugoslawien entwickelten sie ihre Gedanken über die aktuelle Bedrohung des Friedens durch den Imperialismus bis hin zu den Vorstellungen einer Weltordnung der souveränen Gleichheit aller Staaten und Völker. Interessant waren dabei auch die jeweiligen Bezüge zu den Herkunftsländern der Sprechenden. So widmete sich ein Redebeitrag der massiven Einschränkung der schweizerischen Souveränität durch die Erpressungen der Nato und der EU von Peter Berger, der über die Freidenker-Weltunion an der Tagung teilgenommen hatte.

→ Die Kongressresolution
→ Redebeitrag «Multipolare Weltordnung – Prämisse für die Souveränität von Kleinstaaten?»

Gedenkzeremonie am Memorial aller Opfer der Nato-Aggression: Eine chinesische Gruppe scheute trotz strömendem Regen keinen Aufwand für eine musikalische Würdigung der Nato-Opfer.