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Altpapier für 60 Milliarden?

Früher entsorgten schweizerische Grossbanken ihr Altpapier, – wo es nicht gerade verschreddert werden musste – beim Schrotthändler. Das hat sich nun geändert. Je mehr die Aktienkurse fallen, umso höhere Preise werden beim Verkauf von Altpapier erzielt.

Noch vor wenigen Wochen versicherte der Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft, dass keine Milliardengeschenke in Form von Einspritzungen aus der Bundeskasse in die Rachen der Banken vorgesehen seien. Es wurde so getan, als wären die Grossbanken mit Sitz in der Schweiz gegen die Finanzkrise immun oder hätten früh genug von selbst für alle nötigen Vorkehren getroffen.

Die neuesten Töne aus dem Bundeshaus entwerten alles bisher Gesagte. Auch das Finanzsystem der Schweiz ist so weit heruntergewirtschaftet worden, dass die Regierung und die Notenbank einspringen wollen, um das “Vertrauen in den Finanzplatz Schweiz” zu stärken. Schon der allererste Schritt, dem weitere folgen werden, zeigt die Dimensionen, in denen da gedacht wird. Für 60 Milliarden Dollar sollen der UBS faule Wertpapiere abgenommen werden. Zu diesem Zweck wird eine “Auffanggesellschaft” mit Sitz auf den Cayman Islands (!) gegründet. Das hat rechtliche und praktische Gründe. Man wird dann in der Schweiz nicht so leicht vernehmen, wie die Korken knallen und was die Bankette kosten.

Brandschatzung: erste Tranche

Die Verantwortlichen haben keine stichhaltigen Gründe dafür angegeben, warum sie das Geld für Geschenke an die UBS verwenden. Sie haben das Parlament völlig überrumpelt, und dieses scheint sich murrend mit den behaupten bzw. geschaffenen “Sachzwängen” abzufinden. Sie informieren die Bevölkerung nicht, woher das Geld genommen wird und wer die Zeche zu bezahlen hat. In Wirklichkeit wird das Volk in Schuldknechtschaft genommen.

Wie Dschingis Khan einer belagerten Stadt mit der Niederbrennung drohte, wenn sie nicht die Lösesumme (entsprechend dem geschätzten Schaden) aufbringen konnte, so bedrohen die Finanzgewaltigen heute die Völker damit, dass sie die Produktion zusammenbrechen lassen, falls ihre Tributforderungen nicht erfüllt werden, und zwar ultimativ innert Tagen.

Die Finanzkrise ist eine Folge der Summe von neoliberalen Politiken vieler Jahre. Ihr Auslöser war die Krise des US-Hypothekenmarkts, der zusammengebrochen ist, weil der Mittelstand proletarisiert wird. Dahinter stehen viele Jahre des stetigen Kaufkraftschwunds infolge Lohn- und Sozialabbau. Die daher rührende Kreditkrise traf zuerst auf die Hypotheken, wird aber unweigerlich auch weitere faule Kredite offenbaren müssen, zuvorderst bei den Konsumschulden und Kreditkarten. Auch in Europa wächst die Verschuldung der ausgebeuteten Klassen rasant.1

Die Krise ist zu allem gut

Bereits vor Monaten hat die Schweizerische Nationalbank durchblicken lassen, dass sie Massnahmen ergreifen will, um die Versuchen der Arbeiterklasse zur Verteidigung der Kaufkraft zu hintertreiben.2 Mittels Abhebung der Leitzinsen will sie den Ausgleich der Teuerung (Lebensmittel, Heizkosten usw.; Strompreise werden im Zuge der Privatisierung heraufgesetzt). bekämpfen. Die Verzinsung der Altersguthaben in den Pensionskassen, welche während Jahrzehnten bei 4 Prozent lag, wird nun auf 2 abgesenkt. Mit einem Zins, der nicht einmal die Teuerung ausgleicht, muss die Arbeiterklasse zwangssparen und zuschauen, wie die Sparfonds ausgeplündert werden.

Es ist damit zu rechnen, dass Bundesrat und Notenbank die gegenwärtige Finanzkrise ausnützen werden, um ihre arbeiterfeindlichen Projekte voranzutreiben. Die Regierungen und Parlamente haben die früher bestehenden und ungenügenden Kontrollen über den Bankensektor weitgehend abgeschafft. Gleichzeitig haben sie die Kontrollen gegen die Arbeiterklasse verschärft.

Die Krise dient ihnen dazu, die Demokratie abzubauen, wie dies die Vertreter des Finanzkapitals seit langem fordern. Schon 1999 hatte Lukas Mühlemann den Übergang zu einer autoritären Staatsform auf die innenpolitische Agenda gesetzt, weil das Volk die neoliberalen Versuche zur Verschlechterung der Arbeitslosenversicherung und zur Lockerung des Nachtarbeitsverbotes abgelehnt hatte. Die Nacht- und Nebel-Aktion des Bundesrates zur Unterstützung des UBS ist ein bedeutender Schritt zum Abbau der Demokratie.

Eine andere Wirtschaftspolitik ist nötig

Die Antworten des Bundeshauses auf die Krise gehen am Kern der Sache vorbei. Die Entwertung der Löhne geht weiter, und der Bundesrat tut alles, um diese Entwertung noch weiter zu treiben. Er bereitet neue Verschlechterungen der Arbeitslosenversicherung vor und arbeitet eine arbeiterfeindliche Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen aus.3 Nötig wäre ein Bruch mit der bisherigen Wirtschaftspolitik. Eine alternative Wirtschaftspolitik im Interesse der Bevölkerung und zur Sicherung des nationalen Produktivapparats müsste vor allem auf drei Pfeilern beruhen:
  • Erstens müssen die Löhne und Arbeiterrechte massiv erhöht bzw. verbessert werden. Dasselbe gilt für die Sozialversicherungsleistungen der nicht arbeitenden Teile der Arbeiterklasse. Vordringlich ist die Erhöhung der Mindestlöhne und die Aufwertung des kollektiven Arbeitsrechts.
  • Zweitens muss der öffentliche Sektor gestärkt und gegenüber dem privatkapitalistischen Sektor in jeder Weise privilegiert werden.
  • Drittens sind Massnahmen nötig, die der Zentralisation und Konzentration des Kapitals entgegentreten und die produktive Wirtschaft vor dem finanzkapitalistischen Parasitismus schützen.

Fussnoten:

1 siehe auch: Deutschland macht arm

2 siehe: Schweizerische Nationalbank droht den Gewerkschaften

3 vgl: Thomas Näf: Zum Tag gegen Armut und Ausgrenzung

Siehe auch: