kommunisten.ch

kommunisten.ch

Als die letzte Franco-Regierung in den Krieg gegen Portugal ziehen wollte

Soweit die Dokumente.

Man kann darüber spekulieren, wieso der Vorschlag von Arias nicht zur Ausführung gelangte.

Dabei sind folgende Elemente zu berücksichtigen:
  • Ganz allgemein gesprochen bedeutet der Krieg auch für die NATO-Imperialisten immer die Fortsetzung ihrer Klassenpolitik mit anderen (gewalttätigen) Mitteln. Egal ob mit oder ohne Krieg, und – im Kriegsfall – egal ob sie offiziell auf der Seite des Angreifers oder des Angegriffenen eintreten oder sich für “neutral” erklären – so oder so stimmten die NATO-Imperialisten mit dem von Arias erklärten Kriegsziel, den Vormarsch des Kommunismus zu stoppen, überein und waren entschlossen, dementsprechend zu handeln.
  • Formaljuristisch wäre mit dem Angriff auf ein NATO-Mitglied der Bündnisfall eingetreten. Die Verbündeten hätten Portugal verteidigen müssen. (Es sei denn, sie hätten Portugal rechtzeitig aus der NATO hinausgedrängt bzw. zum Austritt provoziert.) Diese Pflicht zu brechen, um das Land einem Angriff durch das faschistische Spanien preiszugeben, das hätten die parlamentarisch-demokratischen Regierungen der imperialistischen Mächte ihren Völkern wohl nicht zumuten können.
  • Ebenso wie die 1974 entmachtete portugiesische Faschistenclique zum Landesverrat bereit war, hätte es auch in den NATO-Zentren nicht an Bereitschaft zum Bündnisverrat gefehlt. Ernsthafte Gefahren drohten Portugal natürlich auch im umgekehrten Fall: dass die USA den Segen zum spanischen Angriff erteilen, um alsdann den Angegriffenen die “Bündnistreue” zu erweisen und die Spanier durch NATO-Truppen zu vertreiben oder ihnen zuvorzukommen. Die Besetzung des Landes durch “verbündete” NATO-Truppen hätte der portugiesischen Konterrevolution sofort ein entscheidendes Übergewicht gegeben.
  • Mit einem Krieg gegen Portugal hätte sich die spanische Staatsführung auf ein Abenteuer mit höchst ungewissem Ausgang eingelassen. Ein militärischer Sieg Spaniens über die kampferprobten portugiesischen Soldaten war nicht leicht zu haben. Der Krieg hätte sich leicht in einen Krieg der vereinten spanischen und portugiesischen Arbeiter- und Bauernklassen gegen die vereinten Faschisten beider Länder und deren imperialistische Verbündete verwandeln können. Die schwache Arias-Regierung hätte einen solchen Krieg nicht überlebt und es ist nicht einmal sicher, dass der spanische Zentralstaat ihn überlebt hätte. Die unterdrückten Völker des spanischen Völkergefängnisses von der kastilischen Vorherrschaft losgerissen hätten.

Diese Komplikationen waren wohl nicht ausschlaggebend für die Haltung der USA. Die NATO-Mächte verfügten bereits über eigene, ausgereifte Pläne für eine Konterrevolution in Portugal. Unmittelbar nach der Nelkenrevolution vom 25. April 1974 empfahl die CIA der Regierung Ford, den US-Botschafter in Lissabon durch Frank Carlucci zu ersetzen, der beim faschistischen Putsch vom 11. September 1973 in Chile die Fäden gezogen hatte. Carlucci landete in Lissabon in Begleitung von 80 Ex-Agenten der brasilianischen Geheimdienste. Die USA, Grossbritannien und Deutschland setzten viele Millionen ein, um Offiziere, Journalisten, Politiker zu kaufen und um Parteien, Parteiströmungen, Gewerkschaften und weitere Institutionen (auch faschistische Terrorbanden) zu finanzieren, welche – mit Mario Soares an der Spitze – sich anschickten, der portugiesischen Revolution ein Ende zu bereiten.

(30.05.2012/mh)

______

1 Arias quería ir a la guerra con Portugal (El País, 3. Nov. 2008)


Siehe auch:

zum Seitenanfang