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Dieses Dokument aus den 1960er Jahren ist nicht nur zum Verständnis der damaligen Zeit aufschlussreich. Seine Thesen sind auch für uns Heutigen von Belang. Nur ein Beispiel: In Ziff. 3 wird ausgeführt, dass die konstatierte Verbesserung der allgemeinen Lebenshaltung zur Verbreitung von kleinbürgerlichen Illusionen geführt habe. Wenn dem so war und 40 Jahre später noch so ist, dann müsste unter heutigen Bedingungen des generellen Lohn- und Sozialabbaus die umgekehrte ideologische Folge eintreten. Was damals als Gegenwind gemessen wurde, und seither seine Richtung gedreht hat, müsste sich als Rückenwind bemerkbar und also nutzbar machen. Tatsächlich hören wir aber heute fortgesetzte Klagen über die Entpolitisierung, die nunmehr oft gerade der Verarmung zugeschrieben wird.


Das Wahlprogramm 1967 der PdA

Für eine andere Politik. Für eine neue Schweiz.

1. Das helvetische Malaise

(So lautete der Titel eines 1964 erschienenen Büchleins von Max Imboden, freisinniger Politiker und Autor eines Standardwerks zum Verwaltungsrecht; die Red.)

Das Bestehen eines “helvetischen Malaise” wird jetzt auch in den regierungstreuesten Kreisen zugegeben und zwingt sie zu manchen für sie beunruhigenden Betrachtungen. So ist das Malaise unbestritten und weit davon entfernt, eine vorübrgehende Erscheinung zu sein. Es nimmt zu, gewinnt an Breite und Tiefe, erscheint in den verschiedensten Formen und bildet am Ende einer nun schon über zwanzig Jahre währenden Hochkonjunktur, in dieser Schweiz, der “Insel des Friedes, der Demokratie und des sozialen Wohlstandes”, wie es so oft in offiziellen Ansprachen heisst, eines der Elemente, die deutlich die Grenzen der jetzigen Ordnung in der Zeit ihrer höchsten Blüte zeigt. Immer mehr stösst die im Interesse einer kleinen Minderheit geführte Politik der Bourgeoisie auf Hindernisse, die für sie, für die Bourgeoisie, früher oder später unüberwindlich werden.

Schon heute weist die Bilanz dieser Politik in einer Reihe von Fragen, die für das Volk und das Land lebenswichtig sind, Misserfolge auf. So in den Fragen der Teuerung, der Wohnungsnot, des Bodenrechts, der Landesplanung, der Energiewirtschaft, vor allem der Atomenergie, des technischen und wissenschaftlichen Nachwuchses und allgemein in der Bildungsfrage, auch in den Fragen der Landwirtschaft, ihrer Gegenwart und Zukunft, im Aubau der Infrastruktur (Schulen, Krankenhäuser, Strassenbau, Kläranlagen usw.) und in der Position der Schweiz in einer Welt, die sich in vollem Umbruch befindet.

Was die wenigen, von der Bourgeoisie vorgeschlagenen Önderungen betrifft, so bewegen sie sich meist an der Oberfläche, wirkungslos, von engen Klasseninteressen diktiert, kommen sie nicht an das Wesen der Sache heran, ja lenken aus offensichtlichen Gründen davon und von entscheidenden Lösungen ab.

2. Sozialismus als aktuelle Aufgabe

Die Lösung, die Partei der Arbeit sagt es erneut, kann nur der Sozialismus sein. Mehr denn je kann nur der Sozialismus die wirtschaftliche, technische, wissenschaftliche und soziale Entwicklung der Menschheit sein. Die unumgängliche Planung der Wirtschaft und der weiteren gesellschaftlichen Entwicklung – die von den Kapitalisten dazu gemachten Vorschläge sind eine Karikatur -, die allein den Menschen zum Herrn seines Schicksals erheben, werden ihre ganze Wirkung nur entfalten können durch die sozialistische Vergesellschaftung der Produktion, die Beseitigung der Klassen und der in der bürgerlichen Gesellschaft herrschenden Anarchie.

Mehr denn je erfordert die Sorge um die Zukunft der Menschheit, um den Frieden und die Freiheit der Völker und Nationen, sozialistische Lösungen. Sie allein sind es, die die Entfaltung des Menschen ermöglichen. Im Schosse einer Gesellschaft der Gerechtigkeit und des Überflusses, ohne Elend und ohne Angst vor dem Morgen, ohne Ausbeutung und Gewalt. In der Schweiz sind die rein technischen Voraussetzungen einer sozialistischen Gesellschaft gegeben. Der den Widersprüchen des heutigen Systems ein Ende setzende Sozialismus würde sich auf eine mächtige vergesellschaftlichte Industrie stützen, auf eine hochqualifizierte und beruflich bewusste Arbeiterschaft, auf eine hohe Stufe der landwirtschaftlichen Produktion und des Gewerbes, auf alte Traditionen im Handel, im Tourismus und der Hotellerie, in den sanitären Einrichtungen, im Transport- und Verkehrswesen, in der Forschung usw. Nur der Sozialismus wird imstande sein, diese Traditionen den neuen Bedingungen anzupassen, sie weiterzuentwickeln und planmässig auf weite Sicht, wirtschaftlich und sozial, die Grundprobleme der gesellschaftlichen Produktion zu lösen.

3. Für eine neue Ordnung

Ginge es nur um die materielle und technische Seite, so könnte der Sozialismus in der Schweiz schon heute verwirklicht werden. Doch spielen offensichtliche andere Elemente mit. Der Übergang zum Sozialismus geht nicht mechanisch vor sich, auch nicht nach einem Wunderrezept oder nach der Phantasie irgendeiner “agitierenden Minderheit”. Entscheidend sind der Wille und die Aktion des Volkes. Im Programm der Partei der Arbeit von 1959 heisst es: “Den Sozialismus errichten kann man nur im Einverständnis und zusammen mit der breiten Masse des Volkes; er kann weder von einer Minderheit noch von oben noch von aussen her erzwungen werden.”

Es ist kein Geheimnis, dass das gegenwärtige politische Kräfteverhältnis in der Schweiz der Errichtung des Sozialismus nicht sehr günstig ist. Die schweizerische Hochfinanz und das schweizerische Grosskapital, immer mehr mit dem internationalen Kapital verbunden, beherrschen auch immer mehr die Wirtschaft des Landes. Banken, Kartelle und Monopole setzen ihre Vertrauensleute in die Behörden und öffentlichen Institutionen und benützen die Mittel und die Macht des Staates, um, mit Hilfe der regierenden Parteien, ihre Interessen und ihre Privilegien zu wahren. Sie benützen eine gewaltige Publizität, Presse, Radio und Fernsehen, um ihre Politik als eine Politik im Interesse des Volkes auszugeben. Auch muss unterstrichen werden, dass die Sozialdemokratische Partei der Schweiz, die die Mehrheit der politisch organisierten Arbeiter zusammenfasst, wenn sie vom Sozialismus oder, wie sie sagt, vom “demokratischen Sozialismus” redet, damit keineswegs die Abschaffung des Kapitalismus meint. Ja, ihre ganze Agitation und Propaganda, welches auch immer bei Abstimmungen und Wahlen die Nuancen sein mögen, drängen in Wirklichkeit nach der Integration in das herrschende kapitalistische System.

Noch immer leben, der Aussage des Bundesrates nach, “eine Million Schweizer im Schatten der Hochkonjunktur”, und es ist offensichtlich, dass die lange Periode der kapitalistischen Entwicklung vor allem den Privilegien und den Interessen des Grosskapitals diente. Doch kann nicht bestritten werden, dass im Verlaufe der letzten Jahrzehnte die allgemeine Lebenshaltung des Volkes besser geworden ist. Daher auch eine stärkere Verbreitung kleinbürgerlicher Ideen und wachsender Illusionen, die vom Bürgertum und von den Reformisten mit ihrem Geschwätz über das Ende des Klassenkampfes und die immerwährende Prosperität unterstützt werden. Der einzige revolutionäre, konkrete und reale Weg, der sich der Schweiz unter diesen Bedingungen eröffnet, besteht deshalb darin, die Massen des Volkes Schritt für Schritt und von Erfahrung zu Erfahrung für die Sache des Sozialismus zu gewinnen. Mit der Politik des Arbeits- und Burgfriedens, dass heisst mit der Politik der Versöhnung mit der Bourgeoisie, die die Massen an Händen und Füssen bindet, kann nichts erreicht werden und noch weniger mit einem System “loyaler Verwaltung des kapitalistischen Gesellschaft”, wie es immer wieder von sozialdemokratischen Verwaltungsmännern praktiziert wird. Die Massen für den Sozialismus gewinnen kann man nur, wenn man sie für schöpferische und kämpferische Aktionen gewinnt, für die Verteidigung ihrer Interessen und Rechte, für die Verbesserung ihrer Existenzbedingungen, gegen die Macht der herrschenden Klassen, wenn man sie schliesslich für die Umgestaltung des gesamten herrschenden Systems gewinnt.

4. Für eine neue Politik

So stellt die Partei der Arbeit jetzt und in den kommenden Jahren der Politik der Bourgeoisie ihre eigene Politik, eie andere Politik mit anderen Lösungen, entgegen, eine Politik nicht im Interesse einer privilegierten Minderheit, sondern im Interesse der Werktätigen, des ganzen Volkes, des ganzen Landes.

5. Durch Kampf in die Zukunft

Im Kampf für die Zukunft, für die Errichtung der sozialistischen Gesellschaft, erstrebt die Partei der Arbeit den breitesten Zusammenschluss aller Werktätigen, deren einzelne Teile so oder so Opfer der Ausbeutung und der Herrschaft ds Grosskapitals sind. Sie unterstreicht die Notwendigkeit, die heute zersplitterten und untereinander gespaltenen Kräfte allmählich und über gemeinsame Aktionen für die Verteidigung ihrer gemeinsamen Interessen, gegen die Allmacht der Banken und Monopole, zusammenzufassen und zu einigen. Diese Allianz des Volkes, die immer breitere Schichten der Arbeiter, Angestellten, Bauern, Intellektuellen, Handwerker und kleinen Kaufleute um sich sammeln wird, wird wachsen und ihre Organisation stärken, bis sie imstande sein wird, die neue Politik zu verwirklichen. Vor allem geht es darum, die Vorherrschaft der mächtigen privatkapitalistischen Interesssen, der Banken und Monopole, die ihre Klassenpolitik den Regierungsparteien diktieren, einzuschränken und zu beseitigen.

Die dann herrschende neue Mehrheit wird nach einem festgelegten Plan und entsprechend den dann herrschenden Bedingungen Massnahmen ergreifen, von denen einige, je nach den wirtschaftlichen, politischen und sozialen Möglichkeiten, mehr oder weniger tiefgreifende Reformen sein werden. Zu solchen Massnahmen gehören: die allgemeine Preiskontrolle und Kontrolle der Profite, die Anwendung eines neuen Steuersystems, die Kontrolle der Kredite, der Investitionen und des Aussenhandels und so die quantitative und qualitative Festlegung der Produktion, dazu ein Nationalisierungsprogramm und die Koordination der Interessen der Kantone und Gemeinden. Um die Herrschaft der Banken und der Monopole zu brechen und die notwendigen Mittel für die weitere Entwicklung des Landes aufzubringen, wird die fortschrittlich regierende Mehrheit neue staatliche Unternehmen, Produktions-, Einkaufs- und Verkaufsgenossenschaften, Spar-, Kredit- und Darlehensinstitute usw,. gründen. Sie wird auch, das ist selbstverständlich und eine ihrer Hauptaufgaben, die Lebenshaltung des Volkes verbessern, die Sozialversicherung ausbauen, Massnahmen zugunsten der Frauen und der Jugendlichen, der Landwirtschaft und der Mittelschichten durchführen. Sie wird Kultur, Kunst und Literatur, die Wissenschaften und die Ausbildung der Kader fördern. Gestützt auf die demokratischen Rechte und Freiheiten wird sie die aktive Beteiligung des Volkes am öffentlichen Leben sichern.

Diese höhere Stufe der Gesellschaft wird noch nicht sozialistisch sein, das Privateigentum an den Produktionsmitteln und deshalb die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen werden weiterbestehen. Aber sie wird eine entscheidende Etappe auf dem Wege zum Sozialismus sein, und im Keime wird sie die wesentlichen Momente der sozialistischen Gesellschaft enthalten. Die Forderungen des sozialen Lebens selbst werden von nun an das Problem des Übergangs zum Sozialismus stellen. Der Sozialismus wird im Verlaufe dieser Periode errichtet werden durch den gemeinsamen Kampf der Arbeiter, durch die Notwendigkeit, die erzielten Errungenschaften gegen die reaktionären Kräfte zu verteidigen und zu sichern, die letzen Widerstände zu brechen und die letzten Widersprüche, welche die Entfaltung der Produktivkräfte behindern, aufzuheben durch die Notwendigkeit, der Gesellschaft die zu ihrer vollen Entfaltung unumgänglichen Mittel zu verschaffen. Dann wird die Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln, der Beginn einer harmonischen Entwicklung ohne Krise der Gesellschaft, der Beginn der Aera des Sozialismus durchführbar sein. Dies ist, kurz zusammengefasst, die Perspektive des friedlichen Übergangs zum Sozialismus, ausgehend von den demokratischen Institutionen des Landes, denen ein wirklicher und lebendiger Inhalt gegeben wird, und als entscheidende Bedingung, ohne die nichts möglich ist, dem fortfährenden Appell zum Kampf und zur Aktion des Volkes.

Die Arbeiterklasse und ihre Vorhut werden entschlossen diesen Weg gehen. Sollten die herrschenden Klassen zur Gewalt schreiten und die Rechte des Volkes beseitigen, so würde sich die Arbeiterklasse gegzwungen sehen, einen anderen Weg zu beschreiten. Dann aber fiele die ganze Verantwortung auf die Bourgeoisie.

6. Was jetzt zu tun ist

Für jetzt schlägt die Partei der Arbeit Teilforderungen vor, die schon heute im Rahmen der bestehenden Ordnung, unter den bestehenden Bedingungen verwirklicht werden können. Im allgemeinen handelt es sich darum, eine Önderung in der geamten Politik durchzuführen, gegen die Poltik, die heute von der regierenden Mehrheit auf Kosten des Volkes und der weiteren Entwicklung des Landes betrieben wird. Es geht darum, einen ersten Schritt zu tuun, eine fortschrittliche und sozialistische Neuorientierung gegen den hartnäckig reaktionären Kurs der Regierungsparteien durchzusetzen. Die Partei der Arbeit fordert:
  • Massnahmen zur Regelung und Kontrolle der Preise und Profite, Massnahmen, die keinen allgemeinen Charakter zu haben brauchen und je nach den Stufen und Sektoren der Produktion und der Verteilung verschieden sein können, aber, um der ununterbrochenen Teuerung Einhalt zu gebieten, unumgänglich sind;
  • eine Steuerreform mit starker Progression auf die hohen Gewinne und Reserven der Aktiengesellschaften, Trusts und Monopole sowie auf die grossen Einkommen und Vermögen und dr Entlastung der kleinen und mittleren Steuerzahler; die Vereinheitlichung der Steuersätze zur Verhinderung der Steuerflucht und strenge Massnahmen gegen Steuerhinterziehung;
  • die Herabsetzung der übersetzten Militärausgaben, entsprechend einer neuen Konzeption der Landesverteidigung, ihres ausschliesslich defensiven Charakters, auf der Grundlage der Milizarmee und der vollen Unabhängigkeit von den Militärblöcken. Ein grosser Teil der heutigen Militärausgaben kann und soll für die Erweiterung der Infrastruktur des Landes verwendet werden;
  • die Begrenzung des Zinsfusses, vor allem für den Wohnungsbau, für Handwerk und Gewerbe, für den Kleinhandel und für die Landwirtschaft;
  • die Reform des Statuts der Nationalbank, de dem Einfluss des Grosskapitals entzogen werden muss und die unter der Leitung des Bundes im Kreditwesen und im Kapitalexport das Interventionsrecht haben soll;
  • wirkliche und wirksame Massnahmen gegen jeden Missbrauch seitens der Kartelle, Trusts und Monopole;
  • für das Mitbestimmungsrecht der Arbeiter und Angestellten in den Betrieben, den öffentlichen und privaten;
  • die Einführung einer Volkspension für die AHV- und IV-Rentenbezüger, Wohnrecht und Mieterschutz, ein einheitliches System der Sozialversicherung und der Familienzulagen, die Schaffung eines öffentlichen Gesundheitsdienstes, gleicher Lohn für gleiche Arbeiten der Frau, Kürzung der Arbeitszeit und Erhöhung der Zahl der bezahlten Feiertage;
  • die allgemeine Demokratisierung des Bildungswesens auf allen Stufen, und Massnahmen, um auf allen Gebieten den Nachwuchs von breiten Kadern, von denen die Zukunft des Landes abhängt, zu sichern;
  • Aufstellung und Verwirklichung eines allgemeinen nationalen Entwicklungsplanes betreffend die Infrastruktur des Landes (Krankenhäuser, Kläranlagen, Strassenbau, Bildungswesen, Universitäten, Energiewirtschaft, Landesplanung, Bodenrecht, Entwicklung der Landwirtschaft usw.;
  • wirkliche Garantie und Erweiterung der demokratischen Rechte, vor allem Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts auf eidgenössischer Ebene und Massnahmen zur Sicherung der demokratischen Rechte der ausländischen Arbeiter in der Schweiz.
Das sind die heute notwendigen Massnahmen zur Einhaltung und Verbesserung der Lebenshaltung des Volkes und zu einer neuen eidgenössischen Politik. Ihre verwirklichung in naher Zukunft, im Lande einer der reichsten Bourgeoisien der Welt, ist sehr wohl möglich. Doch muss man der Herrschaft des Vorortes des Schweizerischen Handels- und Industrievereins und der Schweizerischen Bankiervereinigung energischer entgegentreten. Die Verwirklichung eines solchen Programms durch die Einheit der Linken und den Kampf des Volkes wäre ein erster Schritt vorwärts, um dann weitere, bedeutendere Önderungen durchführen zu können.

Die Partei der Arbeit ist der Auffassung, dass in Ermangelung eines gemeinsamen auf entsprechenden Grundlagen beruhenden Regierungsprogrammes und unter den gegenwärtigen Bedingungen die Beteiligung der Sozialdemokraten im Bundesrat ausserstande ist, den wirklichen Interessen des Volkes zu dienen. Notwendig ist jetzt die Bildung einer breiten Opposition aller lebendigen und kämpferischen Kräfte der Linken, die zu einer kräftigen und wirksamen Aktion bereit sind. Die Partei der Arbeit ist entschlossen, an der Schaffung und Entwicklung einer solchen Opposition zu arbeiten.

7. Die Rolle der PdA Schweiz

Weisen wir noch kurz auf die Rolle der Partei der Arbeit in diesem Kampf für eine sozialistische Schweiz hin. Die Partei der Arbeit ist im Landesmasstab noch eine Minderheit, eine Vorhut. Aber ihr Einfluss kann nicht nur nach ihrem parlamentarischen Gewicht oder nach statistischen Angaben gemessen werden. Die Partei der Arbeit ist fest im politischen Leben mehrerer Kantone verankert. Auf ihre Initiative hin wurden sozale Errungenschaften durchgeführt (Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, drei Wochen bezahlte Ferien für alle, Familienzulagen, Steuererleichterungen, Wohnrecht usw.). Sie hat eine Reihe von kantonalen und eidgenössichen Initiativen lanciert und ihre Anwesenheit in den gewählten Körprschaften der Kantone und Gemeinden erlaubt ihr, eine bedeutende Tätigkeit zu entfalten. Sie trägt gegenüber allen Kräften, die in unserem Lande für den Sozialismus und den Kommunismus eintreten, eine grosse Verantwortung. Allein schon ihre Existenz, vor allem aber ihre Politik haben die Bourgeoisie gezwungen, Forderungen zu erfüllen und beabsichtigte reaktionäre Massnahmen zu unterlassen. In vielen Fällen beeinflusst die Partei der Arbeit dirket oder indirekt die Haltung der Sozialdemokratischen Partei. Ohne die Partei der Arbeit würde die schweizerische Arbeiterbewegung gänzlich vom Reformismus beherrscht; jede Linksströmung und jede kämpferische Politik würden verschwinden.

Die Partei der Arbeit ist in der Schweiz die einzige organisierte Opposition, die das Regime und die Politik des Bundesrates wirklich bekämpft. Die Sozialdemokratische Partei, eng mit der bundesrätlichen Politik verbunden und durch sie kompromittiert, ist ihrer eigenen Aussage nach keine Oppositionspartei mehr. Was solche bürgerlichen Bewegungen wie den Landesring der Unabhängigen, die “Vigilants” in Genf und andere betrifft, so sind sie nur scheinoppositionell, um die Linksströmungen aufzufangen, sie vom wirklichen oppositionellen Weg abzulenken und den traditionellen bürgerlichen Parteien zu erlauben, ihre Positionen zu behaupten, ohne an ihrer Politik etwas ändern zu müssen.

Die Partei der Arbeit ist die einzige Partei, die für sozialistische Forderungen kämpft, wie sie unsere Epoche verlangt. Sie ist zugleich bereit, und eben das fürchtet die Bourgeoisie, bei jeder Gelegenheit und gestützt auf ihre Weltanschauung, den wissenschaftlichgen Sozialismus und ihre Erfahrung, den Kampf der Arbeiterklasse und der Gesamtheit der Werktätigen, für bessere Lebensbedingungen der Massen, zu lenken. Die herrschenden Klassen wissen, dass sie heute und morgen erst recht mit der Partei der Arbeit zu rechnen haben, und dies umso mehr, als seit einiger Zeit der Wille, die Dinge zu ändern und fortschrittliche Lösungen zu verwirklichen, wächst und die Massen angesichts der ununterbrochenen Teuerung die betrügerische Politik der Bourgeoisie erkennen, einer Bourgeoisie, die trotz einer noch nie dagewesenen wirtschaftlichen Prosperität vor leeren Kassen steht, mit Skandalen (Mirages, Bank- und anderen Spekulationen) überhäuft ist und das Volk betrügt und missbraucht.

Die Partei der Arbeit ist sich bewusst, dass ihr Kampf noch lange dauern wird und noch manche Schwierigkeiten zu überwinden sein werden. Das wird sie jedoch weder entmutigen noch ihr die Gewissheit des Endsieges nehmen. Sie weiss auch, dass beim gegenwärtigen Rhythmus der Ereignisse, in einer Epoche, in der die Menschheit vom Kapitalismus zum Sozialismus übergeht, rasche, nicht vorauszusehende Önderungen möglich sind. Sie wird deshalb ihren Kampf weiterführen in der Gewissheit, ihr Ziel zu erreichen und keine Anstrengungen scheuen, um im ganzen Land die lebendige, aktive und wachsende Kraft zu werden, die sie in einzelnen Kantonen der französischen Schweiz schon ist.

8. Die Schweiz, die wir wollen

Die sozialistische Gesellschaft von morgen wird nur mit der Zustimmung des Volkes und der Teilnahme des Volkes möglich sein, in Übereinstimmung mit den nationalen Bedingungen, Besonderheiten und Gewohnheiten des Volkes, mit den demokratischen und fortschrittlichen Traditionen und Freiheiten des Landes, mit dem positiven Inhalt des kulturellen und humanistischen Erbes unserer Vergangenheit. Das ist nur denkbar auf der Grundlage einer föderalistischen Struktur, und sie ist nur möglich gestützt auf die Wahrung der Rechte und der Freiheiten des Volkes, die ein fester Bestandteil unseres Landes ist. Sie ist nur denkbar bei der Existenz nicht nur einer Partei, sonderen mehrerer Parteien. So wird die neue, vom Volke gewählte sozialisatische Regierung nur in Übereinstimmung mir dem Volke selbst regieren.

9. Für die Erhaltung des Friedens

Der Weg zum Sozialismus ist eng verbunden mir dem Kampf für den Frieden, einen Frieden, der für die Existenz eines kleinen Landes wie des unsrigen lebenswichtig ist. Die Partei der Arbeit verteidigt mehr denn je eine Politik der friedlichen Koexistenz, der einzigen Alternative zu der tödlichen Gefahr eines dritten Weltkrieges, eines Kernwaffenkrieges, der das Ende der Menschheit sein könnte. Zugleich verleiht sie im Ausmass ihrer Kräfte dem Kampf der unterdrückten Völker und der Opfer einer verbrecherischen und zynischen Aggression, wie die des amerikanischen Imperialismus gegen das heldenmütige Vietnam, ihre volle Unterstützung.

Die Partei der Arbeit unterstreicht die Notwendigkeit für die Schweiz, im Rahmen einer wirklichen staatspolitischen Neutralität eine wirksame und positive Politik friedlicher Initiativen zu führen, der Unterstützung aller Anstrengungen für die Erhaltung des Friedens, für internationale Entspannung, für eine allgemeine und kontrollierte Abrüstung, für die Verteidigung der Unabhängigkeit der Völker; das heisst, dass die Schweiz ihre Zustimmung zur Bildung atomwaffenfreier Zonen und zur Schaffung eines Systems der europäischen Sicherheit geben und dem Vertrag zur Nichtverbreitung der Atomwaffen zustimmen, dass sie die Deutsche Demokratische Republik anerkennen, auf eine an die Nato gebundene Militärpolitik verzichten und sich nur einem geeinten, friedlichen und militärisch und wirtschaftlich blockfreien Europa, das die Nachkriegsgrenzen anerkennt, anschliessen sollte. Sollte die Schweiz der Uno beitreten, so in erster Linie, um eine solche Politik zu vertreten. Nur wenn sie sich ständig von diesen Grundsätzen leiten lässt, wird sie ihre eigene Sicherheit garantieren und zugleich ihre Mission als neutraler und friedlicher Kleinstaat im Schosse einer internationalen Gemeinschaft erfüllen.

10. Für die neue Schweiz

In diesem Kampf ist die Partei der Arbeit frei von jeglichen Bindungen. Sie bestimmt ihre Haltung und ihre politische Aktion in voller Unabhängigkeit. Sie gehorcht nur ihrem Ideal und den unmittelbaren und weiteren Interessen der Werktätigen, des Volkes, des Landes. Sie wendet sich an alle Kräfte des Fortschritts, an alle, die eine Gesellschaft der Freiheit und der Brüderlichkeit wollen. Und sie stellt sich auf die Seite aller derjenigen, die auf der ganzen Welt für dieselbe grosse Sache kämpfen. Mit der Partei der Arbeit kämpfen, heisst: Heute für eine neue Schweiz kämpfen und morgen diese neue Schweiz aufbauen.

(Angenommen an der Konferenz der PdA vom 27./28. Mai 1967 in Lausanne.)


Dokumente zur Programmatik der PdA