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Die NZZ kalkuliert den effektiven Mehrwert von Menschenrechten

In bemerkenswerten offenen Worten gibt die Neue Zürcher Zeitung die herrschende Auffassung des Grosskapitals über die Menschenrechte zum Besten. Das Hofblatt der hiesigen Grossbourgeoisie argumentiert, dass die Schweiz als “Musterschüler” in Sachen Menschenrechte anders zu behandeln sei als sogenannte “Transitions- oder Entwicklungsländer”, die laut NZZ keine funktionierende Verwaltung oder Justiz haben und in Ermangelung dessen ein nationales Gremium zur Überwachung der Menschenrechte benötigten.

Die Schaffung eines solchen Organs hatte der Uno-Menschenrechtsrat unserem Land empfohlen, da er sich über die Rückschritte der Schweiz auf diesem Gebiet einige Sorgen macht. Aber die NZZ steht zum Grundatz “Quod licet Jovi non licet bovi”, das heisst etwa so viel wie: “Was dem Jupiter recht ist, geziemt sich noch lange nicht für jeden Ochsen.” Menschenrechtskampagnen und Debatten sind offenbar einigen Leuten gerade gut genug, solange sie sie als Mittel einsetzen können, um unliebsame Regierungen zu verunglimpfen und zu schwächen, die dem Zugriff des imperialistischen Kapitals auf die menschlichen und natürlichen Ressourcen ihres Landes die Stirne bieten. Das Kapital rührt die Kriegstrommeln gegen sogenannte Schurkenstaaten dadurch, dass es Lügenkampagnen über Menschenrechtsverletzungen streut.

Die Führung von Kampagnen zur Desinformation und zur Diffamierung bestimmter Länder und Regierungen gehört mittlerweile, Hand in Hand mit der sogenannten “Sicherheitsbranche” einschliesslich des Betriebs von privaten Söldnerheeren, zu den bedeutenden Wachstumszweigen.

  • Es ist herausgekommen, dass solches Propagandamaterial fabriziert wurde wie ein gestellter Film, der beweisen sollte, dass irakische Soldaten Säuglinge von ihren Brutkästen gerissen hätten. Eine in den USA lebende Schauspielerin und Diplomatentochter spielte darin die Rolle einer Säuglingsschwester und “Augenzeugin”.
  • Es ist herausgekommen, und wird sich je länger je weniger vertuschen lassen, dass die NATO zur Vorbereitung der blutigen Metzelei in Jugoslawien dasselbe getan und nebenbei die übelsten Verbrecherbanden aufgezogen, alimentiert und endlich durch die Justizfarce der Haager Rache- und Rechtfertigungs- und Einschüchterungsjustiz schändlich gedeckt hat.
  • Es ist herausgekommen und nicht mehr zu verschleiern, dass die NATO-Regierungen ihre Völker angelogen haben, wenn sie dem Irak vorwarfen, dass a) dieser Staat Massenvernichtungswaffen besitze oder b) dass seine Regierung mit der Terrororganisation Al-Kaida in Verbindung stehe. Beides wird durch neuere offizielle Dokumente der USA widerlegt. Was die Foltervorwürfe an die Adresse von Saddam Hussein anbelangt, ist dazu zu sagen, dass er ein Lehrbube der CIA war. Und ein Chorknabe im Vergleich zu den Folterern, von deren Methoden uns die Bilder von Abu-Ghraib einen kleinen Einblick vermitteln. Den USA fehlt jede Legitimation, hier oder an einem anderen Punkt des Globus als Ankläger in Sachen Menschenrechte aufzutreten.

Die NZZ zählt die staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen auf, die sich in der Schweiz um die Menschenrechte sorgen und zieht – ohne ein Wort über die von der UNO festgestellten Mängel zu verlieren – allein aus der ermittelten Zahl den kühnen Schluss:

“Es ist nicht einsichtig, wozu es noch ein nationales Institut braucht, das vornehmlich sensibilieren soll, und welchen Mehrwert seine Tätigkeit gegenüber der Arbeit der Verwaltung, anderer Fachinstitute oder privater Organisationen effektiv bringen würde.”

Zusammengefasst: das Sprachrohr des Kapitals kann der Stärkung der Menschenrechte in der Schweiz keinen “Mehrwert” abgewinnen. Dasselbe muss umso mehr für die USA gelten, wo bestimmt noch mehr Menschenrechtsprofis tätig sind als in der kleinen Schweiz.

Anmerkung:

Bei den “Transitionsländern”, bei denen das Nobelblatt “effektiv” einen Mehrwert darin erblickt, über Menschenrechte zu sprechen, dürfte es sich wohl kaum um jene Staaten Osteuropas handeln, die seit dem Zerfall des sozialistischen Staatensystems und der Sowjetunion unter den Hammer des internationalen Kapitals gekommen sind und von mafiösen faschistoiden Oligarchien brutal ausgebeutet werden, wo die Strasse dem Stechschritt gehört und antifaschistische Grabdenkmäler geschändet werden, wo der Arbeiter auf staatliche und private Schägertrupps gefasst sein muss, wenn er von Streik spricht, wenn er das Banner der Arbeiterklasse entrollt und am 1. Mai die Internationale anstimmt. Mit Menschenrechtsgruppen bevölkern möchte das Kapital solche Lönder wie Belarus, Venezuela oder Kuba, wo die Folterkeller der USA in Guantánamo schon hergerichtet sind und welchem Condoleeza bereits die “Transition” angedroht hat, kaum war damals das ärztliche Bulletin über die Erkrankung von Fidel Castro bekannt geworden.

Gewiss nicht gemeint ist jener Flecken von Kuba, wo die CIA-Folterknechte das Kommando haben und wo die Menschenrechte zum Himmel schreien, wenn die NZZ ihre “transitorische” Buchhaltung anstellt und von alldem träumt, was sie als effektiven Mehrwert verbuchen würde. (mh /15.05.2008)