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Rassismus in der Schweiz? Den gibt es in verschiedenen Klassen, und er kommt von oben!

Anlässlich des Trommelfeuers, das von Seiten von EU-Politikern, in erster Linie aus Brüssel selbst und aus Paris, gegen die Schweiz gerichtet wurde, nachdem diese per Volksentscheid beschlossen hatte, die Zuwanderung in Zukunft eigenständig, das heisst unabhängig von der Europäischen Union zu regeln, schoss die Redaktion von “kommunisten.ch” zurück, indem sie einen Beitrag aus der guten Küche der PCP übersetzte: Die Xenophobie der EU, geschrieben von der portugiesischen Kommunistin mit dem schweizerisch (oberwalliserisch) klingenden Familiennamen, Inês Zuber, Mitglied des Europäischen Parlaments.[1] Dieser Artikel und seine Veröffentlichung in der Schweiz hatten natürlich nicht die Absicht, den hiesigen Rassismus aus der Schusslinie zu nehmen oder kleinzureden. Um denselben geht es denn auch heute.

Aufsehenerregende Einzelfälle

Immer öfter sperren Schweizer Behörden den Asylbewerbern den Zutritt zu öffentlichen Zonen. In Bremgarten (Kanton AG) wurden ihnen Schwimmbäder, Schul- und Sportanlagen verboten. Nach Presseberichten sind solche Einschränkungen gang und gäbe und werden im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Emigration vorgenommen. «Fast die halbe Stadt ist tabu», titelte der Tagesanzeiger (06.08.2013), nachdem im August 2013 bekannt geworden war, dass Asylsuchende vom Strandbad von Bremgarten ausgesperrt werden. Der Stadtammann von Bremgarten, Raymond Tellenbach (FDP), teilte dazu mit, das Ganze beruhe nicht etwa auf Rassismus, sondern bloss auf einem «bedauerlichen Missverständnis» und auf einer schlechten Kommunikation. In der gleichen Zeit wurde eine andere Geschichte diskutiert. Da weigert sich die Verkäuferin eines Luxusgeschäfts in Zürich geweigert, der steinreichen US-Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey eine Tasche zu zeigen. Denn sie könne sich diese nicht leisten. So fasste es die afrikanischstämmige Kundin jedenfalls auf und erkärte sich als Opfer des Rassismus. Die Inhaberin des Geschäfts stellte dann klar: klar dass auch hier – welcher Zufall – alles auf einem bedauerlichen «malentendu» und auf einer schlechten Kommunikation beruhte. Das alte Sprichwort sagt dazu: «Wenn mancher Mann wüsste, wer mancher Mann wär’, gäb’ mancher Mann manchem Mann manchmal mehr Ehr’.» Natürlich kamen jedem Marxisten die Tränen, als er den unerhörten Vorfall von der Zürcher Nobelboutique vernahm. 35’000 Franken soll die Tasche gekostet haben. Besagte Dame Oprah Winfrey hat Glück gehabt. Im teuren Laden war sie jedenfalls vor amtlichen Belästigungen sicher, die ihr zum Beispiel im Schwimmbad hätten widerfahren können, wenn ein unkundiger Beamter die Milliardärin wegen ihrer Hautfarbe mit einer Asylbewerberin verwechselt hätte. Oprah Winfrey liess nach dem Vorfall verlauten, sie habe einen Augenblick lang daran gedacht, nach dem Vorbild von “Pretty Woman” den gesamten Laden leerzukaufen, um zu zeigen, was sie sich zu leisten vermag. Den Gedanken daran verwarf sie wieder, da ihr in den Sinn kam, dass die Verkäuferin dabei eine hübsche Summe von Provisionen einstreichen würde. Der Schweizer Handel sollte sein Verkaufspersonal besser schulen, auch mit Hollywood-Filmen wie Pretty Woman, in denen Vorbilder des Verhaltens geschaffen werden. Dürrenmatts Besuch der alten Dame wäre als Einstiegslektüre zum Thema der schwerreichen Rachsucht zu empfehlen.

Rassismus und Fremdenhass kommen von “rechts” und von “oben”

Klassendünkel und Rassismus gehen in diesem Land oft Hand in Hand. Wenn einer dunkelhäutigen Kundin das nötige Kleingeld für eine Tasche aus Krokodilsleder nicht zugetraut wird, wenn der Beamte in Uniform oder in Zivil sich turmhoch über dem Asylbewerber aus Afrika fühlt, dann ist dieser Rassismus zugleich ein Indiz für die Tiefe der Klassenspaltung, die hinter jeder Rassendiskriminierung steckt. Das Phänomen des Rassismus tritt in der Schweizer Geschichte praktisch nie naturwüchsig in den ausgebeuteten und unterdrückten Gesellschaftsklassen auf. Sein Auftreten bedurfte regelmässig der vorgängigen intensiven Bearbeitung des Volkes durch Impulse von bürgerlicher Seite. Nach der antisemitischen Welle am Ende des 19. Jahrhunderts, angeführt vom konservativen Berner Journalisten Ulrich Dürrenmatt, kam es besonders in der Zeit um 1970 wieder zu einem rapiden Erstarken der Fremdenangst und Fremdenfeindlichkeit. Die Schwarzenbach-Initiative diente rechtskonservativen und ultrareaktionärsten Kreisen dazu, sich politisch neu zu formieren und eine relativ starke Bewegung aufzubauen, deren Gedankengut später teilweise von der SVP rezipiert wurde. Inzwischen ist diese zur wählerstärksten Partei geworden und hat auch die Anhängerschaft Schwarzenbachs weitgehend absorbiert. In Genf und im Tessin teilt sich die SVP das rechte Spektrum mit der Konkurrenz von lokalen Rechtsparteien.

Orchestrierter Russenhass …

In dem Klima, das heute herrscht, macht sich in einigen höheren Kreisen ein Russenhass bemerkbar, der wenn nicht tief im Herzen, dann zumindest tief im Portemonnaie sitzt. Die dafür bezahlten Journalisten schreien sich im Orchester die Hälse wund, um gegen Putin den Schrecklichen zu wettern, der seit Monaten das Böse so sehr verkörpert und die kritischen Worte der Guten so magnetisch auf sich zieht, dass die Leute allmählich vergessen, wie böse der andere Schurke ist, der von Syrien, dessen Namen ihnen entfallen ist. Zum Glück kann man feststellen, dass sich überaus viele Leserzuschriften gegen die Putin-Hetze der Journalisten wenden, und dass solche Leserbeiträge die höchsten Zustimmungsraten der übrigen Leser verzeichnen. Aber vor kurzem ist es in der Westschweiz zu einem spektakulären Fall gekommen, wie er ohne die akkumulierte Wirkung aller vergangenen und gegenwärtigen Kampagnen kaum denkbar wäre. Ein Schuldirektor hielt es für angebracht und hat es gewagt, einer Lehrerin unumwunden mitzuteilen, sie als Russin sei persona non grata seiner Schule in Lausanne. Denn es widerspreche der Philosophie dieses Instituts, Staatsbürger eines Landes anzustellen, das einen Teil eines anderen illegal besetzt habe. Die Kommunistische Partei der italienischen Schweiz verurteilte diesen Akt und warnte vor dem Präjudiz, das hier geschaffen wird, wenn die Diskriminierung nach dem Pass bei Anstellungen unwidersprochen hingenommen wird.[3]

… auf dem Boden jahrzehntelanger Kampagnen

Seit den 90er Jahren hat die SVP Riesensummen investiert, um Zwietracht zwischen die Schweizer Bevölkerung mit oder ohne Pass zu säen, um durch Fremdenängste und (meistens) unterschwelligen – jedenfalls gemessen an den hohen Schwellen der Rechtspraxis – Rassismus ein Klima zu schaffen, welches bereits zu so unglücklichen Volksentscheiden wie dem Minarettverbot geführt hat.[4] Die Propaganda von denen da oben, der wir finanziell nichts auch nur annähernd Gleichwertiges entgegensetzen können, tut ihre Wirkung. Aber sie kann nur auf eine entwaffnete und gespaltene Arbeiterklasse wirken, um diese noch kampfunfähiger zu machen. Der leichte Siegeszug der SVP war nur möglich, weil die organisatorisch und ideologisch geschwächte Arbeiterklasse seit langer Zeit über keine starke Partei verfügt, die ihren Klassenstandpunkt glaubwürdig und konsequent verfechten würde. Diese Schwäche der Arbeiterbewegung erlaubt es der Bourgeoisie, einen doppelten Gewinn einzustreichen: zuerst ökonomisch, indem sie die sogenannte EU-Freizügigkeit ausnützt, um billige Arbeitskraft zu importieren und auf die einheimischen Löhne Druck auszuüben, und zweitens politisch, indem sie die allgemeine Unzufriedenheit über die Verschärfung der Ausbeutung auf die Immigranten ablenkt.

Der sogenannte Wirtschaftsflügel der SVP und das breitere Feld der gewerblichen Sektoren der SVP vertreten sehr unterschiedliche Interessen. Beide zusammen vertreten wiederum teils übereinstimmende, gelegentlich divergierende patronale Interessen gegenüber der lohnabhängigen Klassen. Aber dennoch präsentiert sich die SVP vor diesen Wählerschichten als Vertreterin des kleinen Mannes.

Eine kommunistische Partei!

Was not tut ist eine Arbeiterpartei, welche die EU bekämpft, die Eingliederung der Schweiz in das europäische Völkergefängnis bekämpft und Bern auch den kalten Weg der Schaffung von Sachzwängen, die im Beitritt münden, abschneidet. Ein linker Patriotismus der sich solidarisch mit dem linken Patriotismus der Ukrainer verbündet, welche heute mit Blut und Eisen in das europäischen Völkergefängnis gezwungen werden, und denen das Schicksal droht, als Nachschub für die “industrielle Reservearmee” in die Pipelines der EU-Freizugigkeit gedrängt zu werden.

Es ist dringend geworden, dass die Arbeiterklasse und die Werktätigen der Schweiz an die Schaffung einer solchen Partei herangehen. Eine Partei, die im Unterschied zu den bestehenden nationalen Parteien die sechs grundlegenden Charakterzüge aufweist, welche gemäss Álvaro Cunhal eine Partei als kommunistische Partei auszeichnen. Diese liegen darin:

  1. Eine von den Interessen, der Ideologie, dem Druck und den Drohungen der Kapitalkräfte völlig unabhängige Partei zu sein.
  2. Eine Partei der Arbeiterklasse, der Werktätigen im Allgemeinen, der Ausgebeuteten und Unterdrückten zu sein.
  3. Eine Partei mit einem demokratischen Innenleben und einer einheitlichen zentralen Leitung zu sein.
  4. Eine Partei zu sein, die zugleich internationalistisch ist und die Interessen ihres Landes verteidigt.
  5. Eine Partei zu sein, die als ihr Ziel den Aufbau einer Gesellschaft definiert, die weder Ausgebeutete noch Ausbeuter kennt, einer sozialistischen Gesellschaft.
  6. Trägerin einer revolutionären Theorie zu sein: des Marxismus-Leninismus, der nicht nur die Erklärung der Welt möglich macht, sondern auch den Weg zu ihrer Veränderung aufzeigt.[5]

(mh/21.05.2014)

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Fussnoten:

1 Inês Zuber: Die Xenophobie der EU

2 siehe: Pressenote der Kommunistischen Partei der Italienischen Schweiz vom 16. Mai 2014: KP der italienischen Schweiz: «Nein zum Rassismus und zum Russenhass!»

3 KP der italienischen Schweiz: «Nein zum Rassismus und zum Russenhass!»

4 Minarett-Verbot: Was bedeutet dieses Abstimmungsresultat nach innen?

5 Alvaro Cunhal: Die sechs grundlegenden Charakterzüge einer Kommunistischen Partei


Siehe auch:

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