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Vatan-Partei warnt vor einem Präsidialsystem in der Türkei

Das türkische Parlament hat für die Einführung des Präsidialsystems gestimmt. Mit der Annahme der neuen Verfassungsartikel, die durch die Stimmen der islamistischen Regierungspartei AKP und der nationalistischen Rechtspartei MHP durchgebracht wurde und mit der notwendigen Dreifünftel-Mehrheit erfolgte, hat das Parlament seiner eigenen Entmachtung zugestimmt. Das Änderungspaket bedarf allerdings noch der Annahme in einer Volksabstimmung. Das Referendum wird vermutlich kurz nach Auslaufen des Ausnahmezustands abgehalten werden.

Der international bekannte Oppositionspolitiker Doğu Perinçek betrachtet die auf Initiative des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan beschlossenen Verfassungsänderungen als Falle für die Türkei und für Erdogan selber.

Wie die Deutsch-türkischen Nachrichten (DtN) berichten,[1] interpretiert der türkische Parteiführer Perinçek die Einführung des Präsidialsystems als „Falle“ für Erdogan und die regierende AKP. Laut dem deutschsprachigen Portal zitiert der türkische Sender Ulusal Kanal den Vorsitzenden der Vatan Partei (VP) mit den Worten: « Wir beobachten, dass die Kräfte, die gegen den Putsch der Gülen-Bewegung gemeinsam agiert haben, sich nun auseinander dividieren lassen. Es herrscht Uneinigkeit in Bezug auf das Präsidialsystem. Die Kräfte, die gemeinsam gegen die PKK kämpfen, sind in der Frage um das Präsidialsystem zerstritten. Es gibt sogar zahlreiche Gegner des Präsidialsystems innerhalb der AKP und der MHP. Kurzum: Das Präsidialsystem spaltet nicht nur das Volk, sondern auch die AKP und die MHP. Das steht im Widerspruch zur nationalen Mobilisierung, die vom Präsidenten ausgerufen wurde. Das Präsidialsystem ist das Gegenteil einer nationalen Mobilisierung. »

Laut DtN geht Perinçek davon aus, dass die Debatte um die Einführung des Präsidialsystems lediglich weitere Spaltungen und Unruhen in der Türkei auslösen soll. Erdogan brauche keine Angst zu haben. Seine Position als Präsident sei mächtig genug und ein Grossteil des Volks stehe hinter ihm.

Nach derselben Methode, die in der Vergangenheit auch gegen zahlreiche andere Staatsmänner angewandt worden war, versucht der Westen, – so Perinçek – Erdogan gezielt als „Diktator“ zu diffamieren, um ihn zu delegitimieren und zu stürzen: « Der atlantische Staat reibt sich im Hinblick auf das Präsidialsystem die Hände. Er sucht – wie bei den Vorgehensweisen gegen Saddam Hussein und Gaddafi – nach einem ‘demokratischen’ Vorwand, um zuzuschlagen ».

Soweit die Berichterstattung der DtN.

In der Tat könnten Instabilität und Chaos in der Türkei zunehmen, wenn der Übergang zum Präsidialsystem von auswärtigen Akteuren ausgenutzt wird, um ihre Strategie der Spannungen zu intensivieren. Wir verweisen im “atlantischen” Zusammenhang auf die Terroranschläge von verschiedenen Seiten wie der vom Westen bewaffneten PKK, des IS als von den USA und Israel ins Leben gerufene Kreatur, sowie der in den USA domizilierten Gülen-Bruderschaft (FETÖ), welche zusammen mit übrigen NATO-Parallelstrukturen als Staat im Staat agiert und den Putschversuch vom Juli 2016 wagte. Hinter allen diesen Kräften vermutet man in der Türkei die Hand von westlichen Geheimdiensten und macht keinen wesentlichen Unterschied nach der Färbung der Marionetten. So verweist etwa die der VP nahestehende Zeitung Aydinlik darauf, dass der Terroranschlag gegen das schicke “Raina”-Lokal in Istanbul keineswegs den Interessen der islamisch-konservativen Kräfte im Lande selbst entspricht: diese geraten im Gegenteil durch diese Bluttat in Bedrängnis, und ähnlich sieht sich die regierende islamische AKP dem Vorwurf ausgesetzt, ohnmächtig gegen den Terrorismus oder zum Eingreifen gar nicht willens zu sein.

Um der dahinter stehenden Politik der Spannungen zum Zweck der Spaltung der Gesellschaft in der Türkei entgegenzutreten, fordert die VP seit Monaten eine nationale Mobilisierung im Sinne einer wirklichen Heranziehung aller patriotischen Kräfte in den Kampf zur Verteidigung der existentiellen nationalen Interessen der Türkei und ihres souveränen – aber vom atlantischen Imperium aggressiv angefochten – Rechts, sich in Zukunft nach Eurasien hin zu orientieren. Um die innere Front zu stärken, sind eine starke – breiter abgestützte – Regierung und ein starkes – allenfalls durch vorzeitige Neuwahlen in seiner Legitimation zur Volksvertretung zu bestätigendes – Parlament notwendig, aber auch dringliche Massnahmen auf wirtschaftlicher Ebene, zur Beseitigung der Verwundbarkeit der Türkei durch Operationen des Währungs- und Wirtschaftskriegs, darunter auch Massnahmen zur Stärkung des öffentlichen Sektors.

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1 Deutsch-türkische Nachrichten: Türkei: Präsidial-System könnte zur Falle für Erdogan werden (24.01.17) – Mit Verweis auf: Ulusal Kanal (10.01.17).

(25.01.2017/mh)


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